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www.ChristianReder.net: Publikationen: Wolf D. Prix: GET OFF of my cloud
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Coop Himmelb(l)au
 

„Entwerfen kommt von werfen.
Planen hat mit ahnen zu tun.“
Vorwort

in: Wolf D. Prix / Coop Himmelb(l)au:
Get OFF of my cloud
Texte 1968-2005

Herausgeber: Martina Kandeler-Fritsch, Thomas Kramer
deutsch/englisch
Hatje Cantz Verlag, Ostfildern-Ruit 2005
Vorworte: Jeffrey Kipnis, Christian Reder


„Entwerfen kommt von werfen.
Planen hat mit ahnen zu tun.“

Wolf D. Prix angesichts dieser Zusammenstellung seiner Texte zu Urbanismus, zu Architektur, zu uneingrenzbaren Denkwelten nicht als Architekt sondern primär als Autor, als einen der schreibt, zu begreifen und zu würdigen, wäre plausibel, wenn er es bei der Formulierung von Ansprüchen, von Visionen, von Theorien hätte bewenden lassen. Wäre er mit Coop Himmelb(l)au – also dem Vorsatz „Architektur veränderbar wie Wolken zu machen“, „die dreidimensionale Kultur“ pointiert mitzuprägen – nie zum Bauen gekommen, hätte er eben provokante Thesen oder fetzige Songtexte verfasst, als poetischer Ausdruck von Denkbarem, von Wünschenswertem, das eben nicht konkret werden könne. Von den Umständen, die trotz vordergründiger Freiheiten so vieles nicht erlauben, hat er sich jedoch, weil er bauen will, nie aufhalten lassen. Den Sachzwängen, die alle möglichen Sachen – Menschen sowieso – in eine buchhalterische Ordnung zwingen, wird von ihm vorgeführt, wie sehr sie konstruktiv verwirrt und angereichert werden könnten. Einer von Zwanghaftem fast paralysierten Öffentlichkeit und deren Exponenten entgegnet Wolf D. Prix in einem Stakkato, mit modulhaften Losungen, wie seinerzeit Majakowski, nur erweitert um die Freiheit, nicht mehr an eine Revolution glauben zu müssen:

„Je härter die Zeiten, umso härter die Architektur.“
„Unangepasste Ästhetik ist politische Ästhetik.“
„Den Erbauern des Turms von Babel fehlte das Material Stahlbeton. Uns fehlt das Material der Sprachverwirrung um ihn fertig zu stellen.“
„Wir suchen das Fremde, den unsicheren Grund, die Verschiedenheit.“
„,Fehler machen ist das Baumaterial der Architektur. Das Unbewusste und der Zufall können die Planungsmethode sein.“
„Wir trennen das Wort Entwurf in die Silbe ,Ent’ und das Wort ,Wurf’. Ent-Wurf. ,Ent’, wie ent-äußern, ent-flammen. ,Wurf’ wie Werfen.“

„Planung hat eindeutig etwas mit Ahnung zu tun.“
Die widrigen Umstände betört er immer wieder mit Bildern, mit sprachlichen Bildern, mit höchst experimentellen Modellen und mit der insistierenden Behauptung, es sei weit mehr möglich als für möglich gehalten werde. Er ist also ständig dran, dem Lieblingswort heutiger Effizienzdenker und Realitätsgestalter – der Machbarkeit – dramatisch erweiterte Dimensionen, also Welten der Emotion, vieles öffnende Überraschungsräume zu erschließen. Wäre er Sprachtheoretiker oder Philosoph, würde bereits das als beachtliche Leistung angesehen. Wem gelingt es schon, einen einzementierten Wortgebrauch so anschaulich aufzubrechen, dass einem Ergebnisse dieser Verfahren tatsächlich in gebauten Beispielen vor Augen stehen? Griesgrämige, vergeblich Palladio nachweinende Gegenstimmen, warum alles schief sei, zu wenig detailverliebt, jede Ordnung außer Kraft setze, davonzufliegen scheine, harmonische Symmetrien verhöhne, nur als Medien-Hype Wirkung erzeugen könne, klingen nach Verwirklichung der ersten Großbauten nur umso verdrossener, wie ein Echo aus düsterer Vergangenheit, das an den technischen Möglichkeiten und hybrid-lebendiger Urbanität abprallt.

„Es völlig aufzugeben, von einer Veränderung der Welt zu träumen,“ sagte er mir dazu unlängst in einem zum Thema „Projektwelten“ publizierten Gespräch, „würde wesentliche Dimensionen unseres Selbstverständnisses ausblenden. Nur ist klar, dass Architektur das nicht leisten kann. Architektur kann sogar vieles blockieren. Es ist die Verantwortung des Architekten, das zu erkennen und Möglichkeiten offensiv mitzudenken.“ Auch der große Poet unserer Generation, Bob Dylan, ist ein solch realistischer Believer geblieben. „It was said“, schreibt er in seinen „Chronicles“, „that World War II spelled the end of the Age of Enlightenment, but I wouldn’t have known it. I was still in it. Somehow I could still remember and feel the light of something about it.“ Spielen Licht und Raum eine so entgrenzende Rolle wie bei Coop Himmelb(l)au, stellen sich Fragen nach Fortschritt eben anders, ganz unmittelbar.


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© Christian Reder 2005