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www.ChristianReder.net: Publikationen: Museumsgespräche: W. Pichler
English Summary
(from E. Köb / Kunsthaus Bregenz (Ed.): Museums-architecture, Cologne 2000
   
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Walter Pichler: Generali Foundation

Walter Pichler: Sammlung Generali Foundation
Walter Pichler: Princeton Architectural Press
Walter König Buchhandlung & Verlag
   

Wiener Museumsgespräche
Über den Umgang mit Kunst und Museen

Eine Publikation der Hochschule für angewandte Kunst in Wien.
Falter Verlag, Wien 1988

Thematisierung des angelaufenen Museumsbooms und der inhaltlichen und strukturellen Bedingungen für Reformen.

Gespräche mit Raimund Abraham, Arnulf Rainer, Kurt Kocherscheidt, Walter Pichler, Wilhelm Holzbauer, Hermann Czech, Cathrin Pichler, Christian Ludwig Attersee, Dieter Ronte, Peter Weibel, Oswald Oberhuber, Peter Noever, Alfons Schilling, Peter Gorsen

 

 

Gespräch mit Walter Pichler

In orientalischen Städten gibt es inmitten des dichtesten Bazarlebens kleine Betstuben, die eigentlich Ruheräume sind, in die man sich zurückziehen kann; die großen Moscheen lassen sich in gleicher Weise verwenden und die nach innen gekehrten Häuser vervollständigen eine Typologie von Enklaven, für die es in unserer Kultur keine Entsprechung gibt. Für Museen ist immer wieder ein analoger Anspruch erhoben worden und der abgeschiedene Bauernhof in St. Martin ist eine Enklave Walter Pichlers, mit Atelierräumen und eigens für seine Plastiken errichteten Gebäuden. Privates und Museales als Abwehr von Öffentlichkeit ?

Bei mir kommt das daher, weil es heute für einen Bildhauer so schwierig ist, einen Platz zu finden für seine Arbeit. Für welchen Raum arbeitet er eigentlich ? Meine Plastiken kann ich nicht auf Plätzen aufstellen, ich arbeite nicht für Auftraggeber. Also nutze ich mein eigenes Terrain um meine Vorstellungen zu verwirklichen. Eine Galerie ist für Skulpturen keine gute Umgebung, für Ausstellungen kommt also nur ein Museum in Frage. Das Museum ist für mich ohnehin immer ein wichtiger Punkt gewesen, ein Teil meiner Arbeit, wegen meines großen Interesses an alter, vor allem anonymer Kunst. Als Bildungsstätte hat es für mich immer weit mehr Bedeutung gehabt als die Akademie oder eine Schule.

Trotz der in ihrer Druckqualität immer besser gewordenen Bücher ?

Ja, denn für Skulpturen ist die Reproduktion ziemlich ungeeignet. Man muß sie unvermittelt anschauen können, so wie das auch für Architektur notwendig ist. Man muß hinein- und rundherumgehen, man muß sich bewegen können, muß ein Raumgefühl bekommen, das Material spüren. Bei der Reproduktion einer Zeichnung oder eines Gemäldes geht es sich noch aus, aber eine Plastik muß man sehen. Auf meinen Reisen besuche ich natürlich immer Museen, sie sind ein Bezugspunkt in jeder Stadt, so eine Art Heimat - und zwar aus zwei Gründen. Erstens sind die Verwandten da, über Jahrhunderte hinweg, inklusive der eingebildeten oder überheblich gesehenen Verwandschaften. Zweitens brauche ich das Museum als Gebäude, in das ich mit meinen Arbeiten vorübergehend ziehen kann, wenn ich von St. Martin - das ich nicht als Museum bezeichnen würde - weggehe. Ich muß mich dort einrichten können, muß umbauen können, muß den Arbeiten räumliche Situationen schaffen. Dazu brauche ich Mitarbeiter, die kenntnisreich und hilfreich in jeder Form sind.

Als konsequente Herausforderung bis Überforderung des internen Museumsbetriebes.

Sicher. Nur wenige Museen sind darauf eingestellt und haben entsprechendes Personal. Gerade die modernen Museen sind erst sehr langsam mit erstklassigen Leuten besetzt worden. Werner Hofmann in der Kunsthalle Hamburg war so ein Anfang, obwohl er eigentlich ein Spezialist für das 19. Jahrhundert ist. Solche Vermischungen sind gut, ich ziehe sie einer reinen Spezialisierung auf die Moderne vor, wie sie vor allem in amerikanischen Museen stattfindet. Die Sammlung des Städel in Frankfurt ist dafür ebenfalls ein Beispiel: phantastische alte Kunst, fast ausgeglichen dazu die klassische Moderne und aktuelle Kunst. Von meiner Denk- und Arbeitsweise her brauche ich Rückkoppelungen über sehr lange Zeiträume und Museen, die mir dazu etwas bieten, halte ich für ideal. Die Möglichkeit zu Qualitätsvergleichen ist der springende Punkt, selbst wenn sie meistens zu Ungunsten Lebender ausgehen. Das hat mit dem Moloch Geschichte zu tun, aber auch damit, daß das Konservierungsdenken der Museen fast immer zu einer stiefmütterlichen Behandlung der zeitgenössischen Kunst führt.

Die Sammlungsstrukturen der großen klassischen Museen sind praktisch immer chronologisch aufgebaut und zugleich regional, national, mit Abteilungen für Italiener, Spanier, Niederländer. Wären da im Sinn der eben genannten Überlegungen nicht radikale Eingriffe anzustreben, z. B. im Wiener Kunsthistorischen Museum, damit andere Abfolgen und Konfrontationen den Blick sensibilisieren ?

Das würde ich nicht machen. Manchmal kann es gut sein, etwa Picasso und afrikanische Skulpturen zusammenzubringen, nicht aber im Sinn einer neuen Regel.

Im Calouste Gulbenkian Museum in Lissabon kann man sehen, wie soetwas - wenn auch unter Ausschluß der Moderne - gelungen ist, ohne daß deswegen gleich vom Dialog zwischen Kulturen die Rede sein muß. Gewachsene Sammlungen müßten jedenfalls mit enormer Akribie neu durchdacht werden, um sie im Rahmen "größerer Lösungen" in sinnvoller Weise umzugruppieren. Mit den üblichen planerisch-bürokratischen Akten ist soetwas kaum vorstellbar; und das ist doch ein wichtiger Punkt für die Entwicklung künftiger Museumsstrukturen.

Das glaube ich auch. Schon im Persönlichen gibt es da beklemmende Blockaden. Bei im Bereich der klassischen Kunst kenntnisreichen Leuten habe ich allzuoft einen Haß auf die Moderne oder zumindest ein sehr abwertendes Verhalten ihr gegenüber festgestellt. Umgekehrt ist es ähnlich. Diejenigen, die ausschließlich mit aktueller Kunst zu tun haben laborieren deswegen meistens so zeitgeistig herum, weil ihnen ein Zugang zum Vergangenen fehlt. Auf beiden Seiten würde ich mir persönliche Vorlieben wünschen, die sind unbedingt notwendig, nur müßte das längst nicht so isoliert voneinander passieren. Expertenhaftigkeit ist dabei gar nicht Voraussetzung, es würde genügen, sich mit Interesse und Konsequenz die Sachen vergleichend anzuschauen.

Gegen Themenausstellungen, selbst gegen Gruppenausstellungen hat es aber in Wiener Künstlergesprächen immer heftige Vorbehalte gegeben. Gilt diese Skepsis den vergleichenden, Kunst einer Idee oder einer Beweisführung unterordnenden Ausstellungen schlechthin ?

Ja, denn das ist eine Unsitte geworden. So qualifizierte Leute wie Harald Szeemann oder Rudi Fuchs haben sich ihre Themen vorgenommen, als Konkurrenz der Ausstellungsmacher gegenüber dem Künstler, weil sie sich anscheinend in ihrer eigenen künstlerischen Kreativität etwas zu kurz gekommenen fühlen. Es gibt genügend Aussprüche aus dieser Richtung, nach denen der Künstler nicht mehr der wirklich kreative Mensch ist, sondern in Wahrheit der, der etwas zusammenstellt. Kunstausstellungen werden so zum eigentlichen Akt der Kreation hochstilisiert. Auch wenn es gute Beispiele gegeben hat war das für mich immer irgendwie unseriös.

Der Drang zur Einzelausstellung bis hin zu ihrer autonomen Gestaltung ist plausibel, deswegen kann man doch umfassendere Konzepte nicht völlig ablehnen ?

Das will ich auch nicht. Es hängt von der Arbeit ab. Manche Künstler stellen eben gerne in Gruppen aus, manche werden in Themenausstellungen sogar verständlicher. Ich aber war zum Beispiel in der Manierismus-Ausstellung von Werner Hofmann völlig deplaziert. Das ist ein Mißverständnis gewesen. Diese Ausstellungen sind meistens zu unpräzise. Es ist so wie mit den Biennale-Themen in Venedig, an die sich dann sowieso kein Mensch hält. Künstler gehen inzwischen sogar soweit, daß sie etwas extra für ein vorgegebenes Thema produzieren. Mir kommt das vor wie bei einer Meinungsumfrage, die Marktlücken aufspüren soll. Ich bin natürlich dafür, daß das zentrale Thema der Künstler zu machen hat. Es handelt sich um seine Arbeit und je präziser und genauer er sie darstellen kann, desto mehr macht er sich verständlich, desto angreifbarer wird er auch.

Kunst, die sich für sich allein in einem Raum schützen will, wird dann zugleich ein Manifest gegen die beliebige Flut der Bilderwelt rundum ?

Ja. Das ist nur eine Frage der Präzision. Und damit sind wir beim Künstlerbild. Eine Ausstellung ist das Medium, wo der Künstler so präzis wie möglich seine Absichten erklären muß. Dabei helfen ihm keine nochso guten Texte im Katalog. Im Atelier ist das anders, weil man dort zu zweit oder in einer kleinen Gruppe miteinander umgeht. In einem Museum aber muß man sehr viele Begleitmaßnahmen treffen, um seine Absichten und Gedankengänge so klar wie möglich zu machen. Wenn also dort Kunst in überlegter Weise geschützt wird, so zeigt das in sehr bestimmter Weise, daß sie im Überangebot von Ausstellungen und unverdaubaren Kreativerzeugnissen eben andere Ansprüche erhebt, sich also abhebt von geschickt präsentierten Automodellen oder einer cleveren Darbietung irgendwelcher Konsumartikel. Auch Kunst muß man konsumieren, aber die Art der Konsumation muß eine andere sein. Sonst frage ich mich, wozu wir das überhaupt noch machen.

Der Künstler, der Bilder oder Zeichnungen herstellt, verliert ja, sobald er sie hergibt, den Einfluß auf seine Arbeit. In eigenen Ausstellungen kann er um ihn noch kämpfen, sei es in bezug auf die Hängung oder durch Mitwirkung am Katalog. Die Plastiken in St. Martin werden bewußt einer solchen Gefährdung entzogen.

Ich bin eben den radikalen Weg gegangen und habe sie aus dem Markt herausgenommen. Ich verkaufe sie nicht. Sie bleiben in meiner Nähe und eröffnen mir ganz andere Produktionsmöglichkeiten. Es ist - wenn man von einem weit gefaßten Museumsbegriff ausgeht - doch ganz egal, wo auf der Welt eine Skulptur steht. Sie muß nur existieren. Wer sich dafür interessiert, weiß um sie aus Publikationen. In meinem Fall zeige ich meine Arbeiten von Zeit zu Zeit in einem Museum her. Das macht deutlich, wie eng der übliche Museumsbegriff geworden ist. Es dreht sich nicht alles um die großen Kästen in den Metropolen. Man kann zu den entlegensten Orten reisen und sich etwas anschauen und es ist gar nicht notwendig, daß z. B. Skulpturen dauernd hin und her transportiert werden.

Ihre Existenz wird über Publikationen mitgeteilt, das Original braucht also die Öffentlichkeit nicht ?

Nicht im Sinne eines Glaubens an die große Zahl. Der ist eine Sache von Politikern. Es ist ihr grundlegender Irrtum zu meinen, je mehr Leute Kunst anschauen, desto mehr haben sie von ihr. Enteder will man wirklich Kunst herzeigen und gibt ihr daher jene Wichtigkeit, die sie hat und von der alle bereits in einer Weise reden, daß es einem unheimlich wird oder man gibt zu, daß gar nicht Kunst gemeint ist, sondern ein Fremdenverkehrskonzept. Ich habe immer die Theorie vertreten, daß im Centre Pompidou Reproduktionen genügen würden. Die 20.000 Besucher pro Tag ließen sich dadurch nicht abhalten. Schauen wir uns doch Venedig an, das ja, wenn man will, ein einziges Museum ist. Ich komme gerade von dort: Sie brechen alle zusammen. Keiner kann mehr die Schönheit dieser Stadt sehen, so wie im Pompidou keiner mehr ein Bild sehen kann. Dieser Weg führt doch nirgends hin. Kunst hat viel mit Sorgfalt zu tun. Wenn Künstler schon so komplizierte Sachen machen, wie ein Bild von der Welt, nicht mehr und nicht weniger, so kann das doch schließlich nicht in zwei Minuten abrufbar sein, bei der geballten Information, die enthalten ist.

Dazu fällt mir eine konträr interpretierbare Aussage von Arnulf Rainer ein, in der er dem gemalten Bild gerade deswegen eine so dominante Kraft zuordnet, weil es alle seine Möglichkeiten auf einer kleinen Fläche konzentriert und sie praktisch im Moment mitteilen kann. Wie die dann wirken, welcher Zeitablauf nachher einsetzt, ist offenbar eine andere Sache.

Wenn das so ist, trifft es auf die Skulptur umso deutlicher zu. Da bewegt sich überhaupt nichts mehr. Ihre Körperlichkeit bringt sie wirklich nur im Original. Das müßte dann auch für das Bild gelten, für seine Einzigartigkeit. Beim Abbild wäre es vorbei mit der dazu notwendigen Präsenz.

Können aus dem Vorgang, wie ein Künstler heutzutage mit größtmöglicher Präsenz in ein Museum eindringen kann, beispielhafte Forderungen an dessen Arbeitsweise abgeleitet werden ?

Ausgangssituation ist das Atelier, die konkrete, sehr intime Arbeitsumgebung. Bei mir ist sie deutlich erweitert, weil es Häuser gibt, in denen nicht mehr gearbeitet wird. Es ist aber der generelle Kontext mit der Produktion da, mit dem schöpferischen Bereich, wo manches fertig, manches halbfertig als Zeichen von Prozessen da ist, noch nicht aus ihnen entlassen. Wenn ich nun mit solchen Arbeiten in ein anderes Haus, in ein Museum, hinausgehe, muß ich diese Selbstverständlichkeiten vergessen, muß mir ein komplett anderes Konzept erarbeiten. Ich muß die Plastiken wirklich herausnehmen aus meiner - und ihrer - Umgebung. Zeichnungen sind ihnen gegenüber ungebundener; sie finden ihren Weg, hängen irgendwo gerahmt, vielleicht in einem Zusammenhang untereinander, aber das ist gar nicht so wichtig. Für die Plastiken hingegen muß eine völlig neue räumliche Situation geschaffen werden. Dabei geht es um drei Stufen: Um die Qualität der Arbeit selbst, um die Sockel und um die architektonische Lösung. Viele gute Bildhauer sind in den beiden letzteren Gebieten hilflos oder untalentiert. Dagegen muß angekämpft werden. Es ist doch ganz entscheidend, in welcher Materialsituation, in welchem Umfeld, in welchen Lichtverhältnissen sich eine Plastik erklären kann. Als Künstler habe ich die Aufgabe, ihr möglichst optimale Bedingungen dafür zu schaffen.

Deswegen handle ich immer exakt meine diesbezüglichen Forderungen aus, wenn eine Museumsausstellung vorbereitet wird. Im Falle des Museums für angewandte Kunst in Wien, wo ich 1990 ausstellen werde, treffe ich auf einen Idealfall, da das Haus selbst in einer kompletten Umstrukturierung begriffen ist und diese Offenheit kommt meinen Überlegungen natürlich sehr entgegen. Die letzte Ausstellung im Städel in Frankfurt war ein Beispiel, daß es mit einigen radikalen Eingriffen durchaus möglich war, Räume einschneidend zu verändern, Unnützes zu eliminieren und durch die Öffnung ursprünglich verschalter Fenster neue Lichtverhältnisse und einen Kontext zur Stadt herzustellen. In der Zusammenarbeit mit Peter Noever gehen wir wesentlich weiter. Da alles in diesem Haus in Bewegung ist, kann ich mich in diese Bewegung einkoppeln und wir können etwas machen, was im besten Sinn des Wortes museal ist. Ich werde dort meine Sache machen und zugleich dem Museum Dauerhaftes hinterlassen; einen neuen Durchbruch zum Garten beispielsweise. Bei aller verständlicher Statik, die ein altes Haus hat, muß es zugleich eine Flexibilität schaffen - vor allem eine räumliche - damit drinnen fast alles möglich ist. Man muß z. B. die Beleuchtung ändern können, die Raumproportionen, die Höhen, die Böden. Mit den üblichen Stellflächen, die Wände nur vortäuschen, ist nichts dergleichen möglich. Das sind Konzeptionen der 50er Jahre, die modern sein wollen. Selbst das Pompidou hat nichts besseres. Jedes alte Museum mit Wänden, in die sich Nägel einschlagen lassen ist dem überlegen.

Überlegen ist jedem noch so modernen Museum auch jede Oper und jedes halbwegs ausgestattete Theater, wenn man deren Variabilität punkto Bühnenmaschinerie, Umbauten, Beleuchtung oder Kriterien wie Akustik, Personaleinsatz bis hin zu Sicherheitsvorkehrungen als Maßstab nimmt.

Das sagt über die Bewertung bildender Kunst ja einiges aus. Im Museum ist Kunst sozusagen der alleinige Hauptakteur, während es sonst hauptsächlich um Interpretation und um den Sekundäraufwand von Inszenierungen geht. Wir dagegen müssen uns überall mit den lächerlichsten und primitivsten Vorrichtungen herumschlagen, selbst in ganz neuen Häusern. Im Prinzip ist eine Halle notwendig, in der du einfach alles aufführen kannst, mit jeder Möglichkeit der Technologie. Es muß jede Art von Beleuchtung möglich sein, vom Tageslicht bis zu ausgeklügelten Systemen, es muß möglich sein Wände hineinzumauern, das Klima muß stimmen, man muß die Böden streichen oder verändern können. Die Wahrheit ist: Man braucht eine Baustelle.

Aus solchen Baustellen wird nur etwas werden, wenn auf ihnen qualifizierte Arbeit geleistet werden kann. Kein noch so spartanischer Regisseur könnte auf Dauer die in Museen auf diesem Gebiet herrschende Situation akzeptieren.

Wir haben bisher die Architektur besprochen, als eine der Voraussetzungen. Die wahrscheinlich noch wichtigere sind die Leute, die an solchen Projekten mitarbeiten. Ein Museum ist ja nicht bloß eine Hülle mit Installationen drinnen. Auf eine intensive Ausstellungsarbeit ist es normalerweise gar nicht ausgerichtet. Man kommt als Fremdkörper, als Störenfried. Ich arbeite daher grundsätzlich mit meiner eigenen Mannschaft, habe es aber immer zusammengebracht, daß wir ganz gut mit den hauseigenen Leuten kooperieren konnten. Oft hat die administrative Crew am Handwerklichen mitgetan und die Handwerker haben bürokratische Sachen erledigt.

Schwer haben es normalerweise die vom Direktor bestimmte Ausstellungsbetreuer, in der Regel Kunsthistoriker; sie stehen zwischen den Fronten, müssen die Hausquerelen auffangen und sind von vorneherein ohne den ihnen - auch einkommensmäßig - gebührenden Status. Dennoch glaube ich, daß solche Einbrüche in den Museumsalltag auch von diesen Aspekten her ein Gewinn für alle Beteiligten sein können. Normalerweise sind sie nämlich nur Routine gewohnt und die gelegentlich übernommenen Ausstellungen, die mit der Spedition und kunsthistorischer Begleitung anrauschen und so schnell wie möglich auf Wände plaziert werden müssen, von denen vorher vielleicht noch manche braun oder gelb gestrichen werden.

Das spricht für eine kulturelle Situation, in der Museen über eine adäquate personelle Grundausstattung verfügen, Ausstellungsteams aber primär aus Freischaffenden zusammengesetzt werden.

Für die Standardfunktionen braucht das Museum möglichst gute Mitarbeiter, bis hin zu Werkstätten und Aufsehern. Projekte aber werden sich mit von außen kommenden Leuten kompetenter realisieren lassen.

In Österreich ist es erst im Anlaufen, international aber hat das Starsystem längst schon die Museumsdirektoren erfaßt; eine Handvoll Prominenter wie Pontus Hulten beherrschen die Szene, während der restliche Apparat, inklusive des sogenannten Mittelbaus, völlig im Schatten steht, ganz im Sinn überwunden geglaubter autoritäter Systeme. Zugleich werden die Chefs von den widersprüchlichsten Anforderungen und Zwängen zermahlen.

Ein gutes Beispiel dafür ist Rudi Fuchs. Er war bekanntlich Documenta-Macher, ist zum Star geworden, hat im Van Abbe Museum in Eindhoven ein sehr gutes, kleines Team gehabt. Das ist noch dort, er ist weg und arbeitet primär als fliegender Ausstellungsmacher, also nach dem sich schon in den 70er Jahren nicht bewährenden Konzept. Der Druck ist enorm, weil doch solche Leute - vor allem wenn es um die gerade aktuelle Kunst geht - mit bestimmten Künstlergruppen identifiziert werden und automatisch die zugehörigen Galerien und Medienleute an der Hand haben müssen. Ab einem gewissen Punkt wird eine solche Museumsarbeit eben zur Legitimierung von Galeriearbeit und damit zur Legitimierung von Preisentwicklungen. Es sind ja auch alle Künstler rund um Baselitz schon früh von ihm ausgestellt worden, auf die Dokumenta gekommen und dann weiter auf die Biennale geschickt worden. Der klassische Weg also. Museumsleute wie er geben dem ganzen den letzten Schliff; so wird es "wirklich". Und sie selbst werden damit auch zu Stars, in Symbiose mit den von ihnen forcierten erfolgreichen Künstlern.

Bleiben wir bei solchen Schicksalen. Die Forderung nach - im Idealfall - sehr kenntnisreich und sensibel agierenden, starken Museumsdirektoren ist eine Forderung nach personeller Privatisierung, da doch öffentliche Einrichtungen für sehr private, subjektive Philosophien benutzt werden und ein öffentlicher Kritik- oder Kontrollmechanismus in dieser bizarren Medienwelt längst aus den Fugen geraten ist. Was soll sie also sein, die Autonomie des Museums ? Der Künstler will verständlicherweise mit kompetenten, kenntnisreichen, entscheidungsbefugten Leuten kooperieren - er will also eigentlich Partner für die privatistische Benutzung von öffentlichem Raum.

Ohne dem geht es nicht. Ein Museum, wie wir es beschrieben haben, ist ohne Persönlichkeit, die diesen Apparat auch führt, nicht denkbar. Natürlich hängt alles davon ab, wie sie diese Chance nützt. Ein gutes Museum wird es allerdings nur geben, wenn drinnen viele gute Leute arbeiten. Der Chef oder die Chefin wird ein Star sein, das wird sich nicht vermeiden lassen; denn irgendwer muß ja den Kontakt mit dem Künstler aufnehmen, muß entscheiden, wer ausgestellt wird und wer nicht.

Nur ist die Hoffnung auf Integrität, wie bereits angesprochen, sehr illusionistisch. Krass gesagt sind gerade zeitgenössische Museen voll in Marktinteressen eingebunden. Wer sich da dagegen stellt, hat vielleicht eine Zufallschance. In Österreich wird das vielleicht noch nicht so deutlich gesehen, weil der Museumsbetrieb noch zu verschlafen ist.

Daß die Legitimierung durch das Museum die hohen Preise erzeugt ist klar. Daher kann dieses Spiel auch nicht ohne Interessen und Interventionen ablaufen. Nichteinmal die Abgrenzung zwischen Museen und Galerien funktioniert noch. Es gibt nur noch Verwechslungen. Agile Museen agieren wie Galerien, Galerien glauben, sich als Museen gebärden zu müssen. Mir geht es diesbezüglich ganz gut, weil ich mich mit meiner Arbeit von diesen Mechanismen der Preisbildung fernhalte, sozusagen als Gegenargument. Meine zentralen Arbeiten kommen nicht in den Handel, also gibt es - auch nach Museumsausstellungen - keine auffallenden Preissteigerungen.

Wir sind von der Kunstproduktion, von Sammlungen und von Ausstellungen her an Museumsfragen herangegangen; wir sollten uns jetzt mit dem "Rest" beschäftigen, dem permanenten Innenleben.

Von der wissenschaftlichen Arbeit in einem Museum kann ich mir trotz meiner jahrzehntelangen Liebe zu solchen Institutionen noch immer erst ein sehr ungefähres Bild machen. Die jüngeren Kunsthistoriker, die ich kenne, haben alle schon das Ideal des Ausstellungsmachers. Archivarbeit und Katalogisieren ist nicht ihr Thema.

Unübersehbar ist aber, daß sich die alten Aversionen zwischen "Historikern" und zeitgenössischen Produzenten verflüchtigen.

Ich hoffe das. Die Albertina ist dafür ein Extrembeispiel gewesen. Dort haben sich alle als Verwalter der ewigen Werte aufgespielt und jeden lebenden Künstler als unerwünschten Eindringling empfunden, der froh sein mußte, in diesem erlauchten Hause ausstellen zu dürfen. Was dann tatsächlich ausgestellt worden ist, hat diesen Anspruch so diskreditiert, daß er nur mehr grotesk war. In der Ära Koschatzky hat jede Hilfskraft vermittelt bekommen, daß sie der Ewigkeit näher sei, als irgendwer von den Lebenden, der mit seiner Kunst aufgetaucht ist. Das zeigt sich alles ganz deutlich in der Sammlung, die während dieser Jahre angekauft worden ist. In fahrlässigster Weise ist die Pflicht verabsäumt worden, signifikante gegenwärtige österreichische Kunst zu sammeln. Nebenbei war das auch eine enorme Vergeudung von Volksvermögen und niemanden in der Kulturpolitik hat das im geringsten gestört. In der weltberühmten Albertina, deren graphische Sammlung doch auch Gedächtnisfunktionen hat, existieren unsere wichtigsten künstlerischen Phasen dieses Jahrhunderts also nur als weiße Flecken.

Wenn in dieser Richtung Ignoranz ein deprimierendes Thema ist, bekommt für mich nochmals die Frage nach neuen Formen der Vermittlungsarbeit, nach Museumspädagogik - so internatsmäßig das auch klingen mag - ein Gewicht, als Ausbruch aus dem Ghetto der (angeblich) Kenntnisreichen.

Ich habe damit große Probleme und bin skeptisch, daß man so in bezug auf ein Verständnis von Kunst erfolgreich sein kann. Menschen die sich auf Kunst eingelassen haben, sind doch ganz anders, über sehr private, verzweigte, obsessive Prozesse zur ihr gekommen, nicht über einen Kindergartenbetrieb, über Malkurse oder brave Führungen. Ich selbst habe doch auch keinerlei Methodik dafür gehabt. In Tirol bin ich vielleicht einmal mit der Schule im Volkskundemuseum gewesen. Es ergibt ja auch keine Proportion für die Museumsarbeit, wenn die sogenannte Vermittlung ein zu großes Gewicht hat. Kindermalkurse sind keine hauptsächliche Arbeit eines Museums.

Das sind alles so Funktionen, die der Kunst in den letzten Jahren zugeteilt werden. Was soll sie denn noch alles leisten ? Alle diese Fragen, die niemand erledigen kann, werden jetzt der Kunst aufgebürdet. Von den Umweltkatastrophen ist nur mehr am Rande die Rede, dafür hat jetzt jeder Politiker seinen Hauskünstler. Gegenseitig will man plötzlich zur selben Gesellschaft gehören und alle an diesem Gefühl teilhaben lassen, nach dem Motto: Die Künstler waren jahrhundertelang ausgeschlossen - wie sie behaupten, was aber in dieser Generalisierung einfach nicht stimmt - und jetzt endlich gehören wir zueinander. So gesehen hängt das natürlich wiederum alles zusammen. Du hörst ja deswegen auch niemehr die Frage, ob die Kunst die Gesellschaft verändern kann.

Sie wird zur Lifestyle-Frage transformiert.

Ja, es geht nur mehr um Lifestyle. Die Gesellschaft hat sich überhaupt nicht verändert, im Gegenteil, sie ist zynischer und schlechter geworden - vielleicht auch deswegen, weil die Kunst so unheimlich gut eingebunden worden ist, als pure Kosmetik. Das bringt sie um ihre letzte Wirkung, jene nämlich, daß man nicht so genau weiß, ob sie noch als Unruhestifter auftritt, oder ob sie einfach nur noch "ein bißchen" zuwenig leicht erfaßbar ist für einen schrankenlos-zeitgeistigen Konsum. Jedem Kind redet man doch inzwischen ein, daß es Kunst begreift, nur weiß es in Wahrheit weniger als vorher.

Joseph Beuys hat im Museum den Ort der permanenten Konferenz gesehen; geworden ist daraus ein Zug der Lemminge, im besten Fall ein Filmerlebnis mit zusammenhanglos vorbeiziehenden Bildern. Aufklärende Funktionen wollte ihm anscheinend keine Seite zumuten.

In Wahrheit bin ich selten so kompromißbereit wie in dieser Frage, die Beuys so ernst genommen hat. Seine Konzeption ist mir sehr wichtig geblieben, nur wäre es schwachsinnig, sie bedenkenlos zu übernehmen. Kunst ist ein sehr geheimnisvolles Gebiet. Wenn dieses Geheimnis nicht mehr ergründet wird, sich also niemand die Mühe macht, zu untersuchen, ob man tatsächlich ein Geheimnis vor sich hat oder nicht, dann wird Kunst außer Kraft gesetzt. Die Folgen davon sind doch ständig zu sehen: Der Respekt gegenüber Dingen, wo kein Respekt notwendig ist und die Respektlosigkeit dort, wo höchste Aufmerksamkeit angebracht wäre. Ein Hermann Fillitz vom Kunsthistorischen Museum ist das beste Beispiel dafür, stellvertretend für die Wiener Zustände: Kunstferne Mediengeilheit, ob es was bringt oder nicht.

Das führt nun doch noch deutlicher zum Konkreten, zur Situation der Museen in Wien.

Mir sind auch nur die konkreten Beispiele wichtig. Das 20er Haus etwa ist eigentlich von Anfang an ein unmögliches Museum gewesen. Es ist ja der wideraufgebaute Weltausstellungspavillon aus Brüssel, und völlig ungeeignet für Ausstellungen. Aber Alfred Schmeller, der Direktor der späteren 60er und beginnenden 70er Jahre, der selbst eine zwar offene aber gar nicht so entscheidende Person gewesen ist, hat seine damals wirklich tolle Mannschaft ganz selbständig arbeiten lassen. Ich habe nie geglaubt, daß man in Wien das machen kann. Die sind mitgezogen bei den kompliziertesten Umbauten und da sind wirklich gute Ausstellungen zustandegekommen. Ein anderer Fall: Ich habe ja Wunderkammern sehr gern, so wie das Völkerkundemuseum eine ist. Das vermittelt noch diesen Eindruck als Museum eines Museums, das aus einer anderen Welt stammt und noch keinen Gestaltungsplunder aufgenommen hat, wie ein kleines Provinzmuseum, das neben der Zeit steht.

So lassen sich aber doch Gestaltungsfragen nicht auf alle Zeiten ausklammern. Der Realität entspricht viel eher eine etwas panische Modernisierungsstrategie, Designer kommen zum Zug, Inszenierungen und Formalitäten werden neu überlegt, meist völlig abgelöst von inhaltlichen Konsequenzen.

Das rechne ich zum Bündel der in Gang befindlichen Verirrtheiten. In Architekturfragen nimmt sich jeder - im besten Fall - einen Star. Der wird aber nicht das machen, was ich mir unter einem Museum vorstelle. Selbst wenn seine Arbeit noch so gelungen ist, betrifft sie noch nicht das System. Dessen wichtigstes Prinzip müßte es sein, daß die Arbeitsbedingungen für alle wirklich gut sind und sie sich möglichst viel außer Haus umschauen können.

Angesichts der schon besprochenen Funktionsverschiebungen ist zugleich zu fragen, ob es nicht verstärkt das Museum ohne Haus geben sollte, das sich die Aura an wechselnden Orten neu erkämpfen muß.

Die Ausstellungsmacher haben das ja mit wechselndem Erfolg versucht. Ich glaube, daß es beides geben muß, die ortsungebundenen, fliegenden Akteure und die solide Arbeit in einem Haus. Das ergibt auch eine anspornende Konkurrenz.

Wir beziehen uns weiterhin vor allem auf eine Ausstellungstätigkeit, auf ein wechselndes Angebot also. Normalerweise herrscht gerade in den Wiener Museen eine - von wenig beachteten Kleinausstellungen unterbrochene - Statik vor. Die Ereignisse finden anderswo statt. Ist es überhaupt plausibel, unter den gegebenen Bedingungen von den Museen mehr Sonderausstellungen, wie die kommende über Rudolf II., zu fordern ?

In den 60er Jahren hat es diesbezüglich bereits eine sehr gute Tradition gegeben. Ottokar Uhl hat z. B. im Völkerkundemuseum eine Korea-Ausstellung gemacht, als von außen kommender Architekt - das Plakat dafür stammt übrigens von mir - und er hat gemeinsam mit den Museumsleuten, aber eben mit dem unprogrammierten Blick des Fremden dort in Ruhe eine sorgfältige Sache konzipiert. In diesem Sinn sollte man von Zeit zu Zeit Leute aus völlig anderen Gebieten einbeziehen, weil damit die Chance für andere Blickwinkel gegeben ist. Das meine ich jetzt sehr konkret, denn ich habe die Residenz-Verlag-Bücher über die großen Wiener Museen gestaltet und überall gesehen, wie man aus dem Bestand bestimmte Objekte viel besser hätte zur Wirkung bringen können.

Dennoch: Von unseren Museen gehen fast durchwegs keine öffentlichen Erregungen mehr aus, Erregungen der Freude, des Erstaunens, der Irritation; sie bewegen also kaum etwas.

Der ersten Phase ihrer Kommerzialisierung - wo alle in der ganzen Welt geplündert haben, um die Museen zu füllen - haben sie wenigstens ihren Kampf um bürgerliche Öffentlichkeit, um ein allgemeines Recht auf Bildung entgegengesetzt. Der jetzigen, viel schlimmeren Phase ihrer Kommerzialisierung sind sie eben fast wehrlos ausgeliefert, eingebunden in administrative und machtpolitische Verflechtungen, umgeben von anonymen Zerstörern.

Wir haben diese Überlegungen zu Museumsfragen mit eher melancholischen Gedanken über Enklaven begonnen, über Enklaven, die vielleicht bloße Fiktion sind. Sind sie tatsächlich eine wahrnehmbare Differenzierungsmöglichkeit oder sogar die andere, ausstrahlende Form von Integration ?

Enklaven werden immer notwendiger. Das Unabhängigwerden wird immer notwendiger. Einzeln zu denken wird immer notwendiger. Enklave heißt also möglicherweise schon, daß du bewußt Dinge nicht tust. Es geht, wenn du willst, um ein Querdenken, das ist das echte, authentische. Das fasziniert ja auch die wachsamen unter den ratlosen Politikern und Managern immer mehr.

Während meiner Ausstellung in Frankfurt zum Beispiel bin ich von einem hochrangigen Finanz- und Bankkonsortium eingeladen gewesen und dort waren sehr intelligente Leute dabei, von denen mir ganz unumwunden gesagt worden ist, welches Interesse sie an einem solchen Umgang haben. Informationen können sie sich so leicht wie nie beschaffen und die sind selten widersprüchlich. Kunst steht da außerhalb, sie stellt für sie die komplizierteste Art der Informatik dar und, was entscheidend ist, eben die widersprüchlichste. Am System der Kunst interessiert sie, daß auseinanderstrebende sich absolut ausschließende Elemente zu einem Ganzen werden, das im besten Fall so etwas wie Schönheit, Harmonie oder schlicht Kraft hat. Das interessiert sie. Es interessiert sie, wie es gelingt, divergierende Kräfte, völlig freischwebende, kreuz- und querlaufende Informationen zu Einheiteb zusammenzubringen, die funktionieren. Das ist also nicht bloßes Kunstinteresse, das ist Systeminteresse. An diesem System sind sie ganz egoistisch interessiert. Es beeindruckt sie, daß man das alles am Objekt ganz konkret ablesen kann, der Code des Kunstdenkens aber nicht zu knacken ist. Würde das gelingen hätten sie den vielleicht kompliziertesten und interessantesten Code in der Hand und das wäre ja sehr gefährlich. Das wird aber keiner schaffen und damit erklärt sich die irritierende Sicherheit der Kunst. In der Kunst kann nichts wiederholt werden und es gibt auch für den, der eine Plastik gemacht hat - der den Code intus hat - keine Möglichkeit, sie zu erklären. Sonst würden ja alle Maler oder Bildhauer immer nur besser werden.

Kunst kennt also keinen Fortschritt ?

Nein. Kunst hat im besten Fall nichteinmal eine Idee. Da führt keine Evolution nach oben. Auch das steht den Systeminteressen entgegen. Das ist die Chance der Kunst und zugleich der Grund für die Unklarheit, wie es mit der Kunst oder den Museen weitergehen kann.

 

Walter Pichler, Bildhauer und Zeichner
geb. 1936 in Deutschnofen, Südtirol. Studium an der Akademie für angewandte Kunst in Wien. Ausstellungen u.a. in Wien, Kassel, Hamburg, New York, München, London, Jerusalem, auf der Biennale in Venedig (1982) und im Städelschen Kunstinstitut Frankfurt (1987). Großer Österreichischer Staatspreis für bildende Kunst (1985)

Nachdruck als:
Walter Pichler im Gespräch mit Christian Reder
in:
Edelbert Köb / Kunsthaus Bregenz (Hg.):
Museumsarchitektur.
Texte und Projekte von Künstlern.
deutsch / englisch
Verlag der Buchhandlung Walter König, Köln 2000
mit Beiträgen vonGeorg Baselitz, Max Bill, Daniel Buren, Heinrich Dunst, Helmut Federle, Katharina Fritsch, Christoph Haerle, Marcia Hafif, Erwin Heerich, Gottfried Honegger, Donald Judd, Per Kirkeby, Wolfgang Laib, Markus Lüpertz, Gerhard Merz, François Morellet, Walter Pichler, Richard Serra, Frank Stella, Bernar Venet, Franz Erhard Walther, Peter Weibel, Peter Wigglesworth, Rémy Zaugg und Heimo Zobernig

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© Walter Pichler 1988 & Christian Reder 1988/2001