Herr Professor Reder, Sie gelten als Experte in Fragen
der Organisation von Projekten und Institutionen im Kulturbereich.
Ihre theoretischen Überlegungen dazu sind in zahlreichen
Beiträgen nachzulesen. Trotzdem möchten wir Sie hier nochmals
bitten, zu verschiedenen Ihrer Positionen Stellung zu beziehen
und im speziellen auf konkrete Fragestellungen im Zusammenhang
mit Kulturmanagement einzugehen.
Sie haben uns dankenswerterweise den Einleitungsteil Ihrer
vom Bundesministerium in Auftrag gegebenen Studie 1) zu
Ausbildungsmaßnahmen im Kulturmanagement zur Verfügung gestellt.
Dort bezeichnen Sie den Begriff Kulturmanagement als 'fragwürdige
Symbiose'. Worin sehen Sie die Probleme dieser Symbiose
bzw. dieser Begriffskombination?
Wenn man gewissen philosophischen Positionen folgend sagt,
daß vielleicht die strikteste Objektivität sehr viel mit Subjektivität
zu tun hat, versuche ich es jetzt einmal aus meiner biographischen
Erfahrung heraus zu beantworten. Ich habe, salopp gesagt,
um die Welt besser zu verstehen, um die Wirtschaft besser
zu verstehen, in meinen jüngeren Jahren als Managementberater
gearbeitet. Ich habe seit den späten sechziger Jahren die
wichtigen Managementschulen professionell bearbeitet und verfolgt.
Das ist mehr als zwanzig Jahre her. Da wundere ich mich, wie
simpel der sogenannte Kulturbereich auf Managementideologien
hereinkippt.
Während man zumindest in den komplexer und subtiler analysierenden
Teilbereichen der Managerwelt Begriffe wie 'Manager', 'Diversifizierung'
oder 'Managementmodelle' immer wieder in Frage gestellt hat,
sehe ich in den letzten fünf bis sieben Jahren im Kulturbereich
plötzlich diese Managementeuphorie. Wenn ich aktuelle Philosophen
lese, z. B. Norbert Bolz, ein interessanter, jüngerer Medienphilosoph,
so sind die plötzlich in ihrer Argumentation ganz 'managementgeil'
geworden. Ich lese das oft mit Erstaunen, mit Ärger oder mit
Vergnügen.
Ich möchte das gar nicht vorschnell bewerten. Damit habe
ich aber schon zwei Wellen herausgearbeitet, daß sich nach
einem sonderbaren Grundmuster auch dieser Bereich der Kultur,
genauso wie es mit der Kunst passiert, als 'Armutschkerl'
definiert, als Nachholbedarf definiert: jetzt müssen dort
Kostendenken und Kostenrechnung einziehen und eben Managementmodelle.
Jetzt kann man das nach dieser kurzen Skizze aber auch etwas
entspannter sehen. Es geht einerseits um einen Transfer von
Begriffen, von Worten, aber auch da findet man eine Doppelbödigkeit.
Ich kenne aus dem Kunstbetrieb niemand, der zumindest im kleineren
Kreis, irgend etwas gegen Professionalisierung hat. Jeder
Künstler will eine professionelle Galerie, professionelle
Verlage oder eine professionelle Druckerei. Und alle sind
zuwenig professionell, weil sie eben nicht gut genug sind.
Wenn wir uns auf eine solche Richtung von Professionalität
einigen könnten, für die ich stark eintrete, hat das ganze
Gespräch schon einmal eine solidere Basis. Da brauche ich
den Begriff Management noch nicht unbedingt, der ist in der
Druckerei auch geläufig, oder nicht geläufig, es ist ein Nebenthema.
Umgekehrt ist es natürlich ein viel diffizilerer Prozeß,
von weichem Kultur- und Kunstbegriff man ausgeht. Und da müssen
wir schon trennen. Ich hänge eher dem angelsächsischen Begriff
'civilisation' an und die ganze schwere Belastung mit dem
deutschsprachigen Begriff 'Kultur' müßten wir extra diskutieren.
Aber hier findet eine gewisse Vermischung statt. Ich verstehe
den Begriff eher im zivilisatorischen Sinn und das ist dann
die Gesamtgesellschaft und dann komme wir in Subthemen wie
'civil society'. Und Kunst ist schon noch ein 'kompaktes Anderes',
sage ich jetzt einmal, bei allen Schwierigkeiten es zu definieren,
einzugrenzen und auszugrenzen.
Es wäre interessant, wenn ich jetzt 'Kunstmanagement' sage
statt 'Kulturmanagement'. Kein Künstler wird etwas dagegen
haben, wenn er auf ein seriöses, professionelles 'Kunstmanagement
Vis-á-Vis' mit vielen internationalen Beziehungen trifft.
Ich meine das im üblichen Sinn von Galerien, Museen usw.,
also nicht nur im engeren kommerziellen Sinn, ein Museum gehört
zu dieser Art Kunstbetrieb und Managementbetrieb natürlich
dazu. Und man müßte der Frage nachgehen, was verstehen wir
unter 'professionell'. Hier wären ganz schöne Verzweigungen,
die auch am Wirtschaftsgeschehen ganz gut ablesbar sind, und
wo man sich im Kulturbereich nicht auf simple Wiederholungen
einlassen sollte.
Ich sage es jetzt sehr subjektiv: Ich bin als junger Universitätsabsolvent
aus Wien in die Schweiz gegangen und habe bei einer Managementberatungsfirma
angefangen, weil es hier keine guten Jobs gab, auch eine Parallele
zu heute. Das war genau im Jänner 1970. Beim Aufnahmegespräch
war der Hauptpunkt, den ich als ganz junger gefragt habe:
Verstehen Sie unter Manager, diesen robusten, durchsetzungsgewaltigen
Typ, der Dynamik präsentiert und durchreißt, oder verstehen
Sie darunter den sensibleren 'Systems Engineer', der komplexe
Organisationen plant, Prozesse plant.
Diese Polarität war also in den späten sechziger Jahren
unter etwas nachdenklicheren Wirtschaftsleuten voll da. Für
die plädiere ich auch heute, aber wenn Sie sich unsere Kulturpolitik
ansehen, sehen wir diese bulligen 'Wirtschaftswunder-Managertypen',
ersparen Sie mir jetzt die Namen, ob das jetzt manche Kulturminister
sind oder Kulturstadträte oder Kulturstadträtinnen, die automatisch
aus dem Zwang so werden. Das ist jetzt kein subjektiver Vorwurf
an jemanden. Das könnte man bei der Debatte dieses Begriffes
nur im Blick haben, auch mit einer gewissen Wehmut. Wir wünschen
uns alle, daß gewisse schwierigere Kunst durchgesetzt wird
und sind aber dann traurig, daß dieses Durchsetzen oft fast
monströse Figuren erzeugt, die unfreundlich werden, die nicht
erreichbar sind und eben nicht diese filigrane, sensible,
gebildete, fiktive, natürlich auch von bürgerlichen Bildern
sehr geprägte Sonderform des Kulturmanagers darstellen. Alleine
die Debatte darüber sagt eigentlich schon viel darüber aus,
wie sich das Geschehen in Wellen und unter zunehmendem Druck
entwickelt.
Obwohl Analogien philosophisch, gedanklich immer gefährlich
sind, mache ich ganz gerne so Sprünge. Zum Beispiel: Die erfolgreichen
Verleger der letzten zwanzig Jahre - das war in Österreich
ein Molden. Der ist fürchterlich auf den Bauch gefallen, in
Konkurs gegangen, hat sich wieder erfangen, er hat ein paar
ganz gute und sehr viele dubiose Bücher herausgebracht. Er
ist für mich nicht der intellektuell wegweisende Verlag geworden.
Aber er war so ein 'Durchreißer' oder ist es. Er ist jetzt
Chefberater im Standard und sowas wird auch viel zu wenig
beachtet. Wenn Sie Herrn Unselt, den Chef des Suhrkamp Verlages,
nehmen, der mit Thomas Bernhard bei uns in den Medien aufgetreten
ist, der greift alle Bernhard-Skandale freudig auf und pusht
dadurch seine Bücher. Die stilleren Verleger von den kleineren,
mittleren und anderen Verlagen kennen wir gar nicht aus den
Medien. Die gibt es. Damit skizzieren wir ungefähr die Bandbreite,
was Kulturmanagement sein kann. Das wäre vielleicht einmal
ein Einstieg.
Ausgehend von Ihrem Kulturbegriff wäre also der Begriff
Kulturmanagement redundant, man müßte von Kunstmanagement
oder Management sprechen bzw. wenn Sie sagen, es gibt diesen
'Hard-Core Manager' und es gibt diesen sensiblen 'Systems
Engineer, wäre dann möglicherweise der Kulturmanager oder
die Kulturmanagerin dieser sensible Systemanalytiker?
Er oder sie stehen heute bzw. in den letzten Jahren auf
ziemlich verlorenem Posten. Einerseits war in diesem Boom
des Kunstsektors, des Museumssektors dieser medienbewußte,
durchsetzungsbewußte Typ nicht nur erwünscht, sondern einfach
notwendig, es war nicht anders denkbar. Ich glaube jetzt nicht
an simple Konjunkturen. Vielleicht ist dieser Typ, den ich
vorher beschrieben habe, inzwischen der bessere Berater, in
der zweiten Ebene. Wir sehen immer den Minister und den Museumsdirektor.
Wir sehen eigentlich nicht die Kuratoren und diese Art zweite
Ebene, die eigentlich das Business am Laufen halten, die Projekte
vorplanen, die Beratungsstimmen haben und diese Art von Kämpfen
austragen. Dort ist man eben von den Medien entlastet und
kann daher eher diese sensibilisiertere Arbeitsweise verfolgen.
Ich darf vielleicht ein persönliches Beispiel sagen: Ich
bin jetzt seit ein paar Jahren Berater des wissenschaftlichen
Springer Verlages. Der Direktor, Rudolf Siegle, mit dem ich
primär zusammenarbeite - ein Mann meiner Generation - tritt
nie im Fernsehen auf, er steht nie in der Zeitung und hat
in Wahrheit einen der größten Verlage, auch hier in Wien,
aufgebaut. Das Programm umfaßt einen ganz neuen Kunstsektor
mit neuen Zeitschriften. Der braucht das nicht. Er wäre für
mich der Typus jenes Nachdenklichen, sehr Gebildeten, sehr
Belesenen, der sich primär um Seine Autoren kümmert und eigentlich
diesem Wiener Party- und Medienzirkus ausweicht.
Wenn man von Kulturmanagement spricht, trifft man häufig
auf eine ablehnende Haltung und den Vorwurf, daß es Kunst
banalisiere und in einen Zustand versetze, in dem nicht
mehr interpretiert, sondern nur mehr konsumiert werden müsse.
Würden Sie das als generelles Problem sehen oder hängt das
sehr stark von der Person ab, die in diesem Feld agiert?
Ist es an der Person, an diesen verschiedenen Managertypen
festzumachen oder existiert ein prinzipieller Widerspruch?
Es gibt sicher den Idealtypus des obsessiven Organisators
von künstlerischen Produktionsweisen - ich würde das einmal
o umschreiben. ich sage gleich wieder Beispiele: Peter Oswald,
Chef des Klangforums, einer sehr interessanten und auch innovativen
Musikgruppe, war nur ein paar Monate beim ORF praktisch der
Musikchef und hat dann gesagt, in so einer Struktur könne
er viel weniger bewegen und ist zurück zu seinem Klangforum,
das er eine Zeit lang nur nebenbei gemacht hat. Ob er sich
jetzt Kulturmanager nennt oder nicht, habe ich ihn nie gefragt,
ich schätze aber und verfolge seine Arbeit. Er organisiert
ein Orchester, Kompositionsaufträge, Festivals, Beteiligungen
usw. Er ist aber vor allem ein völliger Musikfreak für gewisse
Richtungen. Und so etwas läßt sich aber nicht über Kurse oder
Schulungsprogramme erzeugen. Diese Art von Talenten, die dann
dazu auch gewisse organisatorische und finanzielle Fähigkeiten
entwickeln, sind der erfreulichste und einleuchtendste Punkt
dabei.
Auf einer ganz anderen Ebene sehe ich sicher in diesem äußerst
undurchsichtigen Kulturbetrieb, den wir gerade aus Österreich
kennen, wo in den meisten Sektoren überhaupt keine Finanztransparenz
gegeben ist, wo jede sogar halbwegs gutwillige Opposition
ewig auf das Burgtheater oder auf die Salzburger Festspiele
hinhauen kann, ob Peymann dort sitzt oder nicht, weil das
einfach nicht wirklich transparent ist, einen seriösen Professionalisierungsbedarf
und der fängt für mich natürlich in erster Linie bei Systemen
an und nicht bei Personen. Ich kann nämlich Direktoren austauschen
und es ändert sich überhaupt nichts.
Es weiß ein jeder seit Jahren, daß in der Kameralistik eine
vernünftige betriebliche Managementfunktion nicht zu erfüllen
ist. Deshalb haben die Politiker auch die Tabakwerke, die
Salinen usw. privatisiert. In der Kultur hat man sich da berechtigter
Weise etwas mehr Zeit gelassen. Ich kann mir ohne weiteres
ein Theater vorstellen, wo hoch professionelle Manager, Finanztechniker
und Kostenrechner arbeiten, die eine gewisse Grundsensibilität
zu ihrer Materie haben, die also keine 'Betonköpfe' sind.
Das ist aber eigentlich kein Unterschied zu anderen Bereichen.
In einer Textilfirma ist es genauso. Wenn Sie als Finanzchef
zum Sektor Textilien oder Mode überhaupt keinen Zugang haben,
sind Sie in ein paar Monaten auch weg. Diese professionellen
Leute können einen Theaterbetrieb durchaus entlasten, sodaß
künstlerische Energien in künstlerische Projekte gehen.
Das ist mein Professionalisierungsbegriff, den habe ich
auch nicht erfunden und unter vernünftigen Analytikern gibt
es ja darin ohnehin einen Konsens. Daß sich das in den Bereichen,
die wir jetzt überblicken, kaum herausgebildet hat, bedingen
diese ärmlichen Strukturen. In der Kultur wird elendig schlecht
bezahlt, es wird alles von unbezahlten Hilfskräften, von schlecht
bezahlten Halbtagskräften und Werkvertragskräften gemacht.
In den kleineren Theatern, beim Film, oder wo auch immer,
findet man keine Karrieren, die ein mittelständisches Leben
ermöglichen für diese Serviceleute, wenn man von den Künstlern
jetzt einmal ganz absieht, die wählen das freiwillig und ich
möchte das nicht in einen Topf werfen.
Das ist natürlich bei ökonomisch etwas 'power-volleren'
Unternehmen wie dem Ronacher anders. Wie man jetzt lesen konnte,
gibt es dort gut gestaltete Direktorenverträge und die haben
sicher auch ganz gut bezahlte Buchhalter - das unterstelle
ich jetzt einmal. So simpel ist das. Dort kommt mehr Cash
herein und in solchen ökonomisch stärkeren Institutionen entwickeln
sich langsam, Schritt für Schritt, auch vernünftigere Positionen.
Ich verfolge seit dreißig Jahren die Wiener Galerienszene
sehr genau. Ich war in diesem Bereich auch beratend tätig.
Ich kenne zum Teil auch Bilanzen. Ich weiß, wie schwer die
es haben, um es sehr vorsichtig zu formulieren. Ich weiß,
wie sich dort Sekretärinnen halbtags am Existenzminimum durchschlagen
müssen. Aber auch die Inhaber, denen das Meiste, wenn man
es streng rechnet, oft gar nicht mehr gehört, weil das ja
auch mit Banken, Sammlern, Stammkunden verbunden ist, befinden
sich in äußerst fragilen Positionen, wenn man es wirtschaftlich
sieht. Dort - in diesen 'ärmlicheren Bereichen' - Professionalisierung
einzufordern hat oft einen Zynismus.
Sie haben angesprochen, daß in bestimmten Bereichen Privatisierungen
durchgeführt wurden. Warum konnte sich im Bereich der Kultur
das kameralistische System so lange aufrechterhalten, obwohl
es schon seit geraumer Zeit als mangelhaft und behindernd
empfunden wird? Der Kulturbereich gilt als etwas Schützenswertes,
wo bestimmte wirtschaftliche Praktiken als gefährdend gelten.
Man spricht in diesem Zusammenhang auch immer wieder von
der Kommerzialisierungsgefahr.
Erstens gibt es hier ganz klare InteressensIagen, die natürlich
verheimlicht werden, wie alle InteressensIagen, die trägt
man ja nicht vor sich her. Der zweite Aspekt ist eine durchaus
verständliche Vorsicht vor einer in einem vernünftigen Kulturbetrieb
üblichen Kostentransparenz. ich bin befreundet mit den Akteuren
der Bregenzer Festspiele. Dort ist Herr Rhomberg als Industrieller
der Chef und der künstlerisch Leiter ist der Herr Wopmann,
mit ihm habe ich öfter diskutiert. Die haben die Bregenzer
Festspiele ganz schön nach vorne gepusht mit einer vernünftig
wirkenden Professionalisierung. Das würde ich als durchaus
interessantes Beispiel sehen.
In Salzburg habe ich nicht diesen Einblick, das kenne ich
nur aus Zeitungen. Bleiben wir aber bei Salzburg und klassischer
Musik. Was hier an Steuergeldern in die vorbereitende Möglichkeit
klassischer Musik investiert wird, von den Musikhochschulen
bis zu den Philharmonikern, die wie Sie wissen, in der Oper
spielen und da spielen und da spielen und auch eine private
Gesellschaft sind, bis dann zu Sony und den ganzen Musikfirmen
- da kann ich mir wieder absolut vorstellen, daß da Interessen
bestehen, das zu verschleiern. Da bezahlt der Staat enorme
Summen dazu, damit jetzt gute CDs und früher gute Schallplatten
entstehen oder daß irgendwelche 5.000 noch so viel zahlende
Premierengäste in Salzburg das sehen.
Nicht daß ich jetzt zu billig dagegen wäre, aber da fände
ich eine vernünftige Kostenanalyse aus kulturpolitischer Sicht
interessant. Noch dazu, wenn jetzt in Krisenzeiten den weit
weniger gut ausgestatteten Feldern das Wasser bis zu den Nasenlöchern
steht. Da habe ich auf der politischen Ebene immer wieder
Gespräche geführt. Es hat keinen Biß gekriegt. Ich sehe das
auch international nicht. Durch die ganze Verzahnung müßte
man eine national Analyse machen und die ist zu wenig, weil
man auch das Internationale einbeziehen müßte. Denn wo werden
die Umsätze gemacht, wenn wir bei den Philharmonikern oder
bei den Sängern bleiben? Aber mir sind keine seriösen Analysen
über die Geldströme bekannt. Und es ist schon eine interessante
Frage, wie öffentliche Mittel letztlich beträchtliche private
Profite vorbereiten.
Wenn ähnliche Investitionen in die bildende Kunst laufen,
sieht die bildende Kunst auch anders aus, dann haben wir stärkere
Institutionen und bauen Märkte auf. Und Märkte heißt vernünftigerweise:
Angebote und Nachfrage und faire Tauschrelationen, also nicht
schiefe Tauschrelationen, sondern eben faire. Das ist ja der
durchaus diskutierbare, vernünftige Kern im marktwirtschaftlichen
Denken, der nicht überall greift. Aber da sehe ich auch die
Grenzen besser. Gegen eine nachdenkliche, subtile Professionalisierung
und Kostenabwägung kann ich überhaupt kein Argument finden.
Aber das ist reines marktwirtschaftliches Denken, wenn
Sie sagen, die Salzburger Festspiele sollten weniger bekommen,
weil Plattenfirmen partizipieren.
Das unterstelle ich jetzt einmal. Ich weiß es nicht. Ich
kann es nur vermuten. Es weiß jeder Zeitungsleser, daß es
hier Millionen an Vorkosten gibt, die eine Plattenfirma gar
nicht sieht. Ich beschuldige die jetzt gar nicht. Aber jeder
Violinist hat in der Ausbildung sehr viel gekostet und das
Orchester bekommt staatliche Zuschüsse.
Aber für Sie wäre denkbar, daß z. B. Sony einen großen
Teil der Salzburger Festspiele mitfinanziert.
Wen würde das stören IBM sponsort das Neujahrskonzert weltweit
mit mehreren Millionen, wie man sieht. Warum gerade IBM. Warum
eben keine Plattenfirma klasssischen Zuschnitts?
Sie schreiben in Ihrem Beitrag 2) in dem eben erst erschienenen
Buch 'Struktur & Strategie im Kunstbetrieb', Management
beschränke sich in kulturellen Bereichen auf eine 'kaufmännische
Serviceorientierung'. Es ginge jedoch darum, sich an einem
größeren Kontext zu orientieren, sich in einem weiteren
Umfeld zu positionieren. Wie würden Sie die Aufgaben von
Kulturmanagement über diese kaufmännische Serviceorientierung
hinaus beschreiben? Sie sprechen von 'innovativem, strukturveränderndem
Management'. Könnten Sie das kurz skizzieren?
Egal, ob das ein Herr Peymann oder sonst jemand ist, wenn
der professionelle Manager hat, die für den Betrieb sorgen,
daß dort gute Schichteinteilungen beim Personal sind, daß
mit den Gewerkschaften gute Regelungen ausgehandelt werden,
daß gute Finanzierungen, Drittmittelfinanzierungen und Sponsorenverträge
zustande kommen - da will ich ncht, daß sich Herr Peymann
einmischen muß. E s ist wunderbar, wenn Kunst ohne solche
Belastungen entstehen kann.
Ein anders interessantes, weggeschobenes Faktum - ob das
jetzt Theater, Film oder andere aufwendigere künstlerische
Vorhaben betrifft - ist, daß man sich nicht wirklich darüber
zu reden getraut, was das kostet. Beim Film ist das vielleicht
klarer, dort prahlt man damit, was das alles gekostet hat.
Schwarzenegger ist da ein gutes Beispiel. Es wird als Promotion-Argument
verwendet, daß das wieder 300 Millionen Dollar gekostet und
700 Millionen Dollar oder eine noch größere Zahl eingespielt
hat. Dort wird es von der Gesellschaft direkt als Jubelmeldung
akzeptiert, aber in anderen Sektoren haben wir eine furchtbare
Angst davor.
Ich will damit nicht sagen, daß es überall so sein sollte.
Es sind die tollsten Theaterproduktionen und Filme in äußerst
ärmlichen Zeiten, in den zwanziger und späten vierziger Jahren
entstanden, Pasolinifilme und frühe Brechtstücke. Das soll
man auch nicht so billig in einen Topf werfen, aber es gibt
doch einen Impuls, daß ich auch mit einer Art 'arte povera'-Programm
zu etwas komme und nicht nur mit diffusen, hysterischen Domingo-Salären,
die dann die Kronen Zeitung ärgern, und völlig ungewichteten
Kunstbetriebsstrukturen.
Man könnte fast sagen, daß von einer spätbürgerlichen Gesellschaft
im Sinn, des 19. Jahrhunderts fast vorausgesetzt wird, daß
es das gibt. Das ist der Kunstbegriff mit ein paar Stars und
der Rest sind ärmliche, aber dafür angeblich freie Boheme-Typen,
die sich das ja alle freiwillig ausgesucht haben. Ich halte
das für einen schwachsinnigen Zugang zu kunstpolitischem Denken.
Das schwingt überall mit, diese Starverliebtheit, gegen die
ich ja auch nichts habe, ich habe auch Stars gerne, wenn sie
mir gefallen. Die dürfen Millionen verdienen - und das dürfen
sie bitte auch - die greife ich damit nicht an, ich rede von
dem Bild, das wir haben. Und das wiederholt sich bei Schwarzenegger
und Hollywood bis nach Salzburg ununterbrochen. Und da frage
ich nur als emsiger Zeitungsleser: Warum wird hier immer 'haxelgebissen
, und diese betrieblichen Zusammenhänge werden nicht zu Themen
und Fragen der Berichterstattung? Weil die ja natürlich alle
daran irgendwie partizipieren, auch die Berichterstatter.
Aber trotzdem sprechen Sie an, daß einschlägiges Kultumanagement
in Kulturbetrieben und Institutionen grundlegend andere
Zielsetzungen verfolgt.
Ich meine das so, wie ich es vorher gesagt habe. Bei einem
kaufmännischen Direktor eines großen Theaters ist es dasselbe
wie bei Saint Laurent: Er hat einen kongenialen Partner, den
man in der Öffentlichkeit gar nicht kennt, der war ursprünglich
auch Modeschöpfer, hat sich dann auf das Kommerzielle verlegt
und war über dreißig Jahre der Partner von Yves Saint Laurent.
Das weiß ich zufällig aus der Modebranche.
So kann das funktionieren, daß sich einer zurücknimmt, dem
anderen das Künstlerische überläßt. Es werden natürlich Konflikte
auftreten, die müssen austariert werden. Es müssen Konfliktlösungsmodelle
vorhanden sein, interne oder mit Aufsichtsräten oder Beiräten.
Da gibt es viele Möglichkeiten, sich das so aufzuteilen. Für
den künstlerischen Bereich kann das eine sehr große Entlastung
sein: Für die Produktion X habe ich 84,5 Mio. Schilling und
es gibt ein Budget von 5 Mio. Schilling für Sonderfälle, damit
das nicht zu bürokratisch und sklavisch wird. Damit kann ein
Peymann arbeiten und jeder. Und jeder Filmregisseur und Filmproduzent
arbeitet so. Das wird so tabuisiert!
Im Kulturbereich gibt es diese Doppelfunktionen ja sehr
oft in einer Person, daß Kunstschaffende, vor allem junge
Kunstschaffende, sich selber managen und wirklich alles
selber machen, produzieren und vermitteln.
Ja, das war Fassbinder auch, wenn wir bei Filmbeispielen
bleiben. Ich kenne seine Managerberater nicht, aber der hat
auch fast aus dem Nichts heraus in München seine fast vierzig
Filme produziert, zuerst sehr low-budget und dann mehr und
mehr mit höheren Budgets. Und man hat eigentlich nie von einem
wirklichen finanziellen Desaster gehört. Fassbinder ist da
ein gar nicht so abwegiges Beispiel.
In der bildenden Kunst geht es nie um fünfzig Millionen
oder mehr, wie das beim Film eben ist, da geht es um einige
hunderttausend Schilling. Da wird es natürlich wahnsinnig
eng. Da kann man nicht einmal einen Steuerberater richtig
bezahlen. Das ist die Wahrheit.
Auch bei großen Ausstellungsprojekten, die ich verfolge
und die hier im staatlichen Bereich funktionieren, ist das
eine handgestrickte Nachtarbeit, wenn dann irgendwann, ein
Jahr später die ganzen Belege abgerechnet werden. Das machen
ja die Kuratoren meistens selber und das finde ich eine unstatthafte
Belastung. Die Kosten dafür müßten in den Budgets enthalten
sein und nicht, daß das die Kuratoren machen. Die sollen eine
gute Ausstellung machen. Auch bei größeren Projekten, von
einem Harald Szeemann bis zu irgend jemand, ist das so. Die
sollten in diesen Bereichen nicht mehr drinnen hängen.
Ich will damit zeigen, wie eng im Bereich der bildenden
Kunst auch die angeblich üppigeren Ausstellungen in solchen
Funktionen sind. Das ist ein Argument, das ich auch immer
wieder versuche zu beschreiben. Es ist kein böser Wille dahinter.
Ich habe auch keinen Verfolgungswahn oder Verschwörungstheorien.
Es sind eingeführte Rituale.
Ich habe mich lange Jahre als MAK-Berater bemüht und in
einigen anderen Projekten auch. Ich möchte ein Beispiel bringen:
Eine größere Ausstellung kostet drei bis fünf Mio. Schilling
und aufwärts. Auf dem freien Markt kostet der Grafiker für
den Katalog, locker gesagt, etwa 100.000 Schilling. Diejenigen,
die die Texte produzieren, bekommen meistens gar nichts oder
3.000 bis 5.000 Schilling. Die arbeiten aber auch ein paar
Wochen daran, wenn sie es seriös machen.
Da ist niemand schuld, oder alle sind schuld, das sind Rituale.
Der Grafiker kostet so viel, außer ich nehme irgendeinen Nachwuchsstudenten,
der sich hier profilieren will. Bei den Autoren ist das Angebot
groß genug, wenn jemand nicht will oder zuviel verlangt, finde
ich einen anderen, der etwas halbwegs Vernünftiges über Kunst
schreibt. Ich sage es ein bißchen im Zeitraffer. Ich unterstelle
also nicht bösen Willen, das sind natürlich auch eingeführte
Teilmärkte mit Angebot und Nachfrage. Als sich die Grafiker
besser organisiert haben, haben sie ihren Preis gesteigert.
Die Autoren haben das bisher nicht geschafft.
Das sind ganz gute Beispiele um über Professionalisierung
und Management nachzudenken. Ich habe empfohlen, wenn man
bei jedem Katalog , um eine Hausnummer zu nennen 40.000 bis
50.000 Schilling Texthonorar ausschüttet, wird in drei bis
vier Jahren die intellektuelle Qualität über Kunst zu schreiben,
zu reden, nachzudenken, dramatisch steigen und das Ganze um
einen unfaßbar billigen Betrag. In all diesen Ausstellungen
sollten wirklich fundierte Recherchen gemacht werden. Jetzt
sind die Beiträge ja oft sehr knapp und etwas beiläufig. Wenn
das aber mit einer intellektuellen Recherche und einer Neubewertung
verknüpft würde, ist das trotzdem so unfaßbar billig, daß
ich erstaunt bin, dass es nicht stattfindet. Die Leute dafür
gäbe es in der Stadt und man könnte sie auch aus dem Ausland
holen. Das ist ein bißchen mehr Aufwand und man muß wieder
gewisse Gruppenbeziehungen anwärmen. Da ist ja alles sehr
'vercliquet' in diesem ganzen Kunstbetrieb. Aber ich glaube,
daß man mit ganz geringen Mitteln intellektuelle Schubgeschichten
erzeugen kann.
Wie wollen Sie aber diese Rituale aufbrechen?
Das kann irgendein plumper Manager, der aus der Waschmitteiindustrie
kommt, nicht. Er würde das zwar vielleicht verstehen, wenn
ich es ihm erkläre, aber die Leute kennt er nicht. Das meine
ich mit meinen Begriff einer Sensibilität und auch einer Professionalisierung
in der Branche. Ich kenne mich jetzt im Film oder im Theater
nicht besonders gut aus. Ich würde mich daher auch nicht als
Filmmanager fühlen bzw. mir vorstellen können, als solcher
zu arbeiten. Das meine ich im Sinne des vorigen Beispiels
aus der Musik, daß sich im ldealfall jemand auf eine Branche
spezialisiert und dort seine eigenen Beiträge liefert. Es
muß aber nicht sein. Wenn er ein erstklassiger Buchhalter
oder Finanzmanager ist, dann ist das auch eine Entlastung.
Ich sehe viele Mischtypen und eben keine plumpen Managermodelle.
Diese Texte, auf die Sie sich zum Teil berufen, haben zum
Beispiel zwischen den Zeilen auch geantwortet auf damalige
sehr stark Tendenzen - speziell ÖVP und Busek haben sich sehr
stark gemacht - sie wollten alle für Museen und Theater einen
künstlerischen und einen kaufmännischen Direktor. Das habe
ich ziemlich scharf angegriffen, weil sie die Systemfrage
nicht stellen und weil sie viele Fragen, die ich hier kurz
skizziere nicht stellen. Sie wollen immer neben jeden Peymann
einen solchen Manager setzen. Also entweder geht der unter,
weil Peymann stärker ist - jetzt einmal von den Figuren her.
Das muß ja vom System überdacht sein, wie die zusammen operieren
und da ist mein Grundbegriff, daß dieser 'Manager' der Verwalter/Manager/Entwickler
der Strukturen ist und der 'Künstlerische' ist der typische
Projektmanager.
Deshalb bin ich da oft so allgemein theoretisch, um das
bewußter zu machen. Peymann ist ein typischer Projektmanagen
Er holt sich Regisseure, er etabliert aber auch die Inhalte
von Proiekten. Und das Burgtheater oder auch jedes andere
Theater sollen möglichst professionelle Dienste haben, damit
nicht fünfzig bis achtzig Prozent der Energien in Querelen
mit dem Apparat versanden. Ein Herr Peymann muß sich nicht
um die Aufseher kümmern oder um die Steuerberatung oder Budgetplanung.
Eine vernünftige Instanz soll ihm sagen, was der Spielraum
ist. Natürlich kann der auch Contra geben. Er ist kein Befehlsempfänger.
Aber das nur zu Ihren Fragen, wie kompliziert auch vom System
her so ein Zusammenspiel vorbereitet werden müßte.
Sie thematisieren in Ihren Beiträgen immer wieder die
Problematik der Produktionsbedingungen und des Zusammenwirkens
von Strukturen und Projekten. Sie plädieren dafür, künstlerische
und kulturelle Arbeit in einen größeren künstlerisch-wissenschaftlich-ökonomischen
Kontext zu stellen. In diesem Zusammenhang schlagen Sie
mit aller Vorsicht vor, zunächst noch nicht von Kunst zu
reden, sondern von 'geistigen Leistungen' 3). Kulturmanagement
könnte man in diesem Sinn als 'Mitwirken bei der Produktion
und Durchsetzung geistiger Leistungen' auffassen. Sehen
Sie in Kulturmanagement eine Möglichkeit von diesem eben
beschriebenen, stark eingesessenen Ritualen wegzukommen
und strukturverändernd zu wirken? Könnte es von Kulturmanagement
ausgehend zu Veränderungsprozessen kommen, die von Seiten
der Kulturpolitik nicht initiiert bzw. durchgesetzt werden
können?
Das war natürlich auch einmal ein Provokationsversuch, denn
wenn man von geistigen Leistungen spricht, wie in diesem Aufsatz,
so hat das etwas 'Sympathisch-Atvavistisches'. Man kann nur
lachen darüber, weil es ja nicht existent ist. Ich habe mich
einmal getrau, das so zu formulieren. Man kann auch von 'geistiger
Produktiviät' sprechen, um es etwas moderner auszudrücken.
Was ich aber ernsthaft dahinter meine und wo ich jetzt auch
zu Ihrem Fragenkomplex meine Hochschulerfahrung einbringe:
Hochschulen - bitte 200.000 Studenten in Österreich, riesige
Universitäten, riesige Probleme - dort wird ein Byzantinistikprofessor
Rektor oder ein Urgeschichtler. Das ist das System.
Wenn ich das mitdenke bei den Fragen, was Kulturmanagement
heute sein könnte, so habe ich eben diese 'geistigen Leistungen'
eingebracht. Und egal, ob ich jetzt der Managementpartner
von Herrn Peymann oder der Rektor einer Universität bin, der
Job dieser Leute ist sehr verallgemeinernd gesagt, die Durchsetzung
geistiger Leistungen zu pushen.
Das ist dann nicht so grundsätzlich anders, als wenn ich
der Forschungsdirektor von Siemens bin. Da bin ich kein eitler
Kulturdenker der sagt, das ist so ganz anders von den Denkweisen
her. Die sind ja bitte auch keine Idioten. Da ärgere ich mich
dauernd mit Künstlerfreunden herum, weil die immer noch diese
Haltung haben, Wirtschaftler seien geldfressende Vollidioten.
Große Konzerne zu leiten, sind für mich große geistige Leistungen,
wenn es gelingt. Das sind ja sehr schwierige, äußerst strapaziöse
Aufgaben und auch wahnsinnig schwierige Entscheidungen.
Da könnte man durchaus etwas lernen, in der Langfristpolitik
das Kunst- und Kultursystem weiterzuentwickeln. Das ist mir
viel zu handgestrickt, handwerklich und nicht-konzeptiv, mit
der sofortigen Einschränkung, daß wir das um Himmels willen
nicht vom Staat erwarten können. An das habe ich eigentlich
nie geglaubt, daß der Staat das liefert. Also ein Planwirtschaftler
diesen Typs war ich nie, trotzdem bin ich auch kein reiner
Marktwirtschaftler. Im Zusammenwirken von staatlicher und
privater Initiative sind einfach Strukturen zu entwickeln.
Und wenn wir im fünfzigsten Jahr der Zweiten Republik lauter
dahinsiechende Buchverlage haben und kein ernst zu nehmendes
Buch ohne staatliche Finanzierung oder irgendwelche anderen
Zuschüsse erscheint, wird das zu wenig zum Thema gemacht.
Und da darf man nicht immer nur auf die Galerien schauen,
das ist im Buchgeschäft genauso und bei jeder Kulturzeitschrift.
Ich bin bei einigen über lange Jahre dabeigewesen, beim
Falter und anderen. Ich habe erlebt, wie da vom Banksystem,
nicht nur Staat, bis zur Presseförderung, es verunmöglicht
war über Jahre, einen Falter aufzubauen gegen Mediaprint als
eine Art störrische, eigenständige Zeitung. Ich bin da monatelang
in Bankvorzimmern gesessen, um irgendwelche Betriebsmittelkredite
zu 'erschachern'.
Da gibt es viele Geschichten, daß solche Projekte in einer
normalen betrieblichen Welt kaum Platz finden. In den viel
geschmähten USA gibt es Schwulenzentren und Lesbenzeitungen,
da wird auch nicht ewig qualifiziert. Wenn eine genügend große
Zielgruppe da ist, gibt es das eben, auch im puritanischen
Amerika. Das sage ich jetzt vielleicht etwas beschönigend,
aber das gibt es, auch in England oder anderen Ländern. Da
ist die Bank danach kein Zensor dafür, was geschrieben wird.
Und das habe ich aber in Österreich dutzendfach erlebt im
Widerstand beim Aufbau von kleinteiligen, machbaren Strukturen.
Ein Theaterchef hat aber das gleiche Problem, ein Herr Gratzer,
ein Herr Piplits oder wer auch immer. Daß sie dann alle letztlich
beim Staat landen, weil sich hier keine interessanteren Strukturen
entwickelt haben, das ist das wirklich Hinterwäldlerische
an Österreich und dieses ewige Gejammer, daß wir die Kulturhauptstadt
Europas sind, geht mir schon schwer auf die Nerven, weil es
einfach nicht stimmt. Fahren Sie bitte nach Frankfurt oder
sonst wo hin! Dort gibt es sicher genauso interessante, oft
interessantere Kinos, Ausstellungslandschaften etc. Und bei
uns kämpft jedes Kino, das englischsprachige Filme zeigt,
seit Jahren mit dem Sterben. Das ist natürlich auch etwas
schnell gesagt, aber die Tendenz stimmt.
Für Sie geht es also primär um Strukturfragen. Es wird
ja auch immer wieder argumentiert, daß in Österreich der
Markt nicht gegeben sei und daß daher der Staat eingreifen
müsse.
Also Kino ist ein sehr gutes Beispiel. Ich glaube über achtzig
Prozent gehören jetzt KIBA und dieser zweiten Gesellschaft,
das ist eine völlige oligopolartige Aufteilung. In Wien haben
wir einige wenige Kinos, die so ein bißchen vom Staat gehalten
werden. Dort waren offensichtlich die falschen, nicht weitblickenden
Manager. Kino ist rauf und runter gegangen und hat sich in
den letzten Jahren weltweit wieder sehr erholt, nicht nur
mit den Megafilmen, sondern auch als sehr interessante Variante
zum Fernsehen. Meine dreißigjährigen Töchter haben gar keine
Fernseher, sind aber begeisterte Cineasten. Ich spüre das
auch seismographisch, daß die jüngere Generation sich wieder
sehr für Kino interessiert. Lesen Sie den heutigen Falter!
Ein doppelseitiger Bericht über 'hundertjahrekino' 4), auch
Hans Hurch kann kaum etwas dagegen tun, daß die letzten Programmkinos
zusperren werden und von diesen 'Metamax-Kinos', oder wie
sie heißen, aufgesaugt werden. Und da zeichnet sich unterschwellig
ein ganz dramatischer Strukturwandel ab: Das 0.P. Kino am
Graben soll geschlossen werden, das Imperial soll geschlossen
werden, habe ich aus anderen Quellen gerade gehört. Ich wohne
im ersten Bezirk und verfolge das seit Jahrzehnten.
Ich sehe hier die Art von 'sechziger Jahre Holzkopfmanager',
die zu vordergründig nach betriebswirtschaftlichen Kriterien
handeln aber langfristig keinen Markt aufbauen. Die werden
vielleicht wieder von irgendwelchen Banken und Aufsichtsräten
geknebelt. Gutes Management hieße natürlich auch Widerstand
zu leisten gegen Banken, gegen Aufsichtsräte, gegen Kollegen,
gegen Politik, das ist überall so. Man kann das auch einmal
konstruktiv sehen. Ich habe aber hier in dreißig Jahren nie
eine Figur erlebt, die für das Wiener Kino einen Gedanken
geäußert hat. Sie wahrscheinlich auch noch nicht. Das sind
halt irgendwelche anonymen Manager, die zusammenrechnen, wo
sie bei Porno und anderen Filmen den Gewinn machen können.
Und am meisten geärgert haben mich diese völlig irren Investitionen
in diese 'Fernseh-Schuhschachtel-Kinos', die ja hunderte Millionen
gekostet haben. Ich ertrage das nicht! Die haben furchtbar
schlechte Qualität. Ich bekomme keine Luft. Ich bekomme einen
Koller. Da schaue ich lieber zu Hause fern und schenke mir
einen Whisky ein.
Das ist atmosphärisch ein solcher Schwachsinn. Ich habe
von vielen Kinofreunden gehört, daß diese 'Sechzig-Personen-Kinos'
nicht zum aushaIten sind und auch wirklich ein dramatisch
schlechteres KinoerIebnis liefern. Dort sind keine guten Berater.
Das ist zu unsensibel. Die verstehen nichts davon. Ein Hans
Hurch, der ein langjähriger Freund von mir ist, wurde von
der KIBA niemals zu einem Gespräch geladen, aber auch ein
Herr Kubelka vom Filmmuseum oder ein Herr Konlechner nicht.
Ich kenne die alle, sie sind niemals von diesen Leuten gefragt
worden, ob sie nicht vielleicht Argumente für ein sensibleres
Kulturmanagement im Bereich Kino hätten. Das wäre aber die
Aufgabe eines guten Managers. Da sind wir bei einem angereicherten
Kulturmanagementbegriff.
Wir möchten mit Ihnen auch über eine einschlägige Managementaufgabe
sprechen und zwar über Controlling, das auch im Kulturbereich
eine immer größere Rolle spielt. ControIling bezieht sich
auf Kategorien, die von Zielen abgeleitet werden. Wer definiert
die Ziele - der private Geldgeber, die öffentliche Hand,
die Institution?
Also Vorsicht, ein strenges wirtschaftliches Controlling
beschränkt sich in erster Linie schon auf die Wahrheit der
Zahlen. Die habe ich im Gegensatz zu vielen Kulturschaffenden
sehr gerne. Das kann man auch einmal fast im Sinne einer mathematischen
Philosophie sehen. Die Wahrheit der Zahlen ist etwas sehr
Interessantes, weil man sehr viele Schlüsse daraus ziehen
kann. Das ist aber eine zweite Sache. Ich freue mich über
eine stImmige Budgetplanung und ein gutes Controlling, wenn
ich weil, wo stehe ich und was kann ich noch ausgeben, wo
habe ich noch Freiheiten , wo muß ich meine Freiheit einschränken
oder wo muß ich schreien, weil ich nicht mehr kann. Das alles
zeigt mir eine Zahlenwahrheit. Ich habe das gerne.
Ein persönliches Beispiel: Eine äußerst komplizierte Geschichte,
ich habe jahrelang dieses schwierige Projekt eines Controllings
beim Falter gemacht. Das war eine sehr mühsame und wenig lustige
Arbeit, aber die Ergebnisse waren absolut notwendig, daß man
eine hinreichende Übersicht hatte, wie man in einem so schwierigen
Projekt vorangeht. Das nur als subjektive Anmerkung.
Was Sie fragen, diese Übereinstimmung mit den Zielen, das
würde ich bewußt nicht verknüpfen, das ist der zweite Schritt,
die interpretation. Und genau da beginnt unser Thema wieder.
Ich sehe wieviel ich in jede Zielgruppe investiert habe und
welche Erfolge damit verbunden waren. Ich kann dann daraus
lernen, daß man beispielsweise bei der nächsten Ausstellung
mehr Werbung für Jugendgruppen und Schulen machen muß, weil
wir mehr junge Leute reinbringen wollen. Das möchte ich um
Himmels willen nie dem Controller überlassen, der hat mir
das nur zu zeigen. Und ich als Kulturmanager oder künstlerischer
Leiter kann dann mit seiner Interpretationshilfe, denn ich
muß das alles gar nicht so lesen können, sehr interessante
Schlüsse ziehen oder sie auch verwerfen. Ich kann dann sagen,
wir stecken in Jugendliche noch einmal fünf Millionen Schilling,
auch wenn es nichts bringt, weil es unseren Zielen entspricht.
Das macht die Firma Siemens bitte nicht anders, die werfen
in einen bestimmten Markt Gelder, weil sie sich vielleicht
in zehn Jahren etwas erwarten. Das ist nicht so anders. Da
sind im Kulturbereich wirklich viele Mißverständnisse. Es
wird zu einengend gesehen, weil natürlich die Alltagserfahrung
tatsächlich so ist.
Ich kenne das jetzt z.B. vom MAK. Es ist das erste Mal, daß
die Reform in einer Institution in allen Zahlen über zehn
Jahre dargestellt wird. Das können Sie in dieser Publikation
5) ansehen. Ich fasse das jetzt kurz zusammen: Als Peter Noever
kam und in der Folge ich als Berater, hat das MAK ein Budget
in der Größenordnung von ca. fünfundzwanzig Millionen Schilling
gehabt. Ich habe immer gesagt, das entspricht einer größeren
Schöps-Boutique am Graben, und das für dieses Riesenhaus mit
den Personalkosten. In dieser Publikation sind die Personalkosten
nicht enthalten, die hat man nicht bringen wollen. Mit meinen
Budgetplanungen ist Noever zum Minister gerannt. Fünfundzwanzig
Millionen Schilling betrug das Grundbudget und es ist dann
gelungen das auf achtzig bis neunzig Millionen - ohne den
Bau! - hinaufzubringen, weil das eine innere, logische Eigendynamik
bekommen hat - neuer Direktor, neue Stellen, neue Politik.
Der Bau ist wieder eine ganz eigene Geschichte.
Das ist ein sehr gutes Beispiel für Management. Noever sieht
sich nicht als Manager und ich sehe mich auch nicht unbedingt
als Manager, aber wir haben bei diesem Projekt ganz gut zusammengewirkt.
Er hat auch diese Durchsetzungskraft gehabt, die in diesem
Fall nicht meine Aufgabe war. Vom damaligen Direktor Fillitz
bis zum Minister wurde damals gesagt, wir seien verrückt,
wenn wir das dreifache Budget wollen. Die haben mit Erhöhungen
in der Größenordnung von drei bis sieben Prozent gerechnet,
aber es hat funktioniert. Jetzt ist wieder ein Knick, weil
das Sparkpaket kommt. Hier konnte etwas erreicht werden mit
den Begriffen 'System', 'Recherche' und den Fragen nach den
Kosten, und wo liegen die Kosten, wie muß ich das entwickeln.
Das ist für mich immer noch das interessanteste Beispiel einer
staatlichen Kulturinstitution, wie die sich in zehn Jahren
sozusagen aus dem Sumpf gezogen hat, trotz aller Schwierigkeiten.
Und die anderen Museumsdirektoren haben alle sechs Jahre später
ihr Umbauprogramm gebracht, da waren sie aber schon wieder
im Sparkurs drinnen. Lauter Ruinen, man muß nur hingehen und
vergleichen.
Es trifft aber genau den Punkt unseres Gespräches: Systemorientierung,
vernünftige Budgetplanung, und an dem dann die inhaltlichen
Fragen anknüpfen. Das MAK hat sich als Ausstellungsmuseum
definiert und das mit ein paar erfolgreichen Ausstellungen
gut begründet, so war es Peter Noever möglich, das Budget
hinaufzubringen. Hätte er das nicht geleistet, hätte ihm kein
Minister geglaubt. Das ist jetzt natürlich auch wieder verkürzt
gesagt. Die Öffentlichkeitsarbeit war natürlich auch sehr
wichtig und hat große Resonanz gebracht. Das zu Ihrer Frage
Controlling als präziseres Bei spiel.
In Österreich wird immer wieder die starke Abhängigkeit
der Kultur von der öffentlichen Hand kritisiert. Konkret
auf die derzeitigen und zukünftigen Arbeitsplätze für KultumanagerInnen
umgelegt heißt das auch, daß die Dienstgeber oft die Kulturverwaltungen
und -institutionen von Bund, Land und Städten sind. Sie
stellen in Ihrer Kulturmanagementstudie 6) fest, daß 3/4
der ausgeübten Funktionen solche im staatlichen oder halbstaatlichen
Bereich sind. Können Sie kurz die Möglichkeiten auf dem
privaten Markt beschreiben? Weiche Strategien empfehlen
Sie jungen KultumangerInnen auf der Suche noch einer beruflichen
Zukunft außerhalb dieses Feldes?
Das ist natürlich eine ziemliche Durststrecke, aber meine
Antwort ist: Bei interessanten Projekten mitarbeiten und vielleicht
sogar zuerst klassische Hilfsdienste machen. Wenn ich jung
wäre, würde ich bei einem guten Film oder einem anderen interessanten
künstlerisch-kulturellen Projekt zwei bis drei Jahre Erfahrungen
sammeln. Auch wenn ich speziell das Administrative, Managerielle
im Auge habe. Das fehlt überall, da sind alle froh.
Natürlich brauche ich eine Grundausbildung, das kann Wirtschaftsuniversität
Wien oder auch ein Buchhaltungs- und Budgetkurs sein. Das
ist in Wahrheit schneller erlernbar als man immer tut. Um
für solche überschaubaren Projekte von ein paar hunderttausend
oder ein paar Millionen Schilling budgetieren zu lernen und
eine gewisse Kostenrechnung zu lernen, muß ich nicht fünf
Jahre auf die WU gehen oder Bilanzbuchhaltungskurse machen.
Das versuche ich hier unseren Studenten anhand von Projekten
beizubringen und ich quäle sie auch nicht mit Bilanztechnik,
was sie nie brauchen werden. Ich frage auch meinen Steuerberater,
man kann das ja nicht alles im Kopf behalten, was sich da
ständig ändert. Aber auch im Sinne eines vernünftigen Managements
und Controllings die Kostenstruktur eines Vorhabens zu planen,
mit den Banken zu verkehren, Überbrückungskredite auszuhandeln,
das ist ja ganz vernünftig und durchaus auch eine spannende
Aufgabe.
Wir möchten noch gerne auf die Ausbildungsinstitutionen
zu sprechen kommen. Sie beschreiben vier verschiedene Typen
von KulturmanagerInnen 7): Doppelbegabungen, Spartenspezialisten,
Dienstleistungsprofis und Projektmanager. Wie könnte eine
Ausbildungsinstitution dieses Spektrum abdecken? Oder ist
das gar nicht möglich?
Ich würde das nicht so skeptisch sehen. Angesichts einer
uns auch in den nächsten Jahren drohenden öffentlichen Sparpaketspolitik
halte ich es schon für sehr sonderbar, daß ohne viel zu hinterfragen,
Institutionen wie IKM (Institut für Kulturmanagement, Wien),
das Salzburger ICCM (international Center for Culture & Management)
und wie sie alle heißen, beträchtliche Zuschüsse zu den laufenden
Kosten von staatlichen Stellen bekommen und ich kenne keine
öffentliche Debatte darüber, was mit den Absolventen geschieht,
gerade bei solchen spezifischen Instituten. Das würde ich
mir für unsere Schule durchaus wünschen, aber nicht die Debatte,
daß wir zu viele Maler erzeugen. Das würde dann wirklich 'staberlartig'.
Da muß man schon aufpassen, das sehe ich schon ein. Aber Sie
kennen über Jahre mein Institut, ich kämpfe seit Jahren vergeblich
um einen Raum und Sie sehen, wie ich mich nerve. Ich bin halt
nicht dieser egomanische Durchsetzer und komme auch so ganz
gut zurecht mit dem System. Wenn ich dann aber höre und Berichte
lese, wie elegant es woanders zugeht, frage ich mich nach
den Prioritäten und danach, wer sie setzt.
Da sind wir schon wieder bei Controlling. Ich bin a priori
in der Kunst und Kultur ein 'Low-Budget Denker', sonst wäre
ich nach Hollywood gegangen. Das bin ich aber nicht. Deshalb
finde ich es auch angemessener, so wie es ist. Ich habe auch
nie um fünf Assistenten angesucht. Ich finde das völlig in
Ordnung, wie das hier relativ sparsam läuft, und ich mache
meine andere Arbeit daneben. Weil es eben sehr projektbezogen
und beratungsorientiert ist, behaupte ich, daß die Studenten
genausoviel lernen, wie wenn sie in zweijährige - oder wie
lange auch immer - unheimlich aufgefächerte Kurse gehen.
Das ist mein Zugang, wo ich aber schon die seriöse Frage
damit verknüpfe, hier laufen schon wieder etliche Millionen
in Kurse und ich sehe die Arbeitschancen für diese Menschen
nicht. Es gibt da andere Texte von mir, die Sie wahrscheinlich
nicht kennen, über Bandentheorie und Mafiabildung 8). Ohne
Hohn, ganz nüchtern, so ist es. Ob Sie in Salzburg als vierter
Regieassistent von links hineinkommen, läuft nicht über ein
Inserat oder über eine Schule, sondern über gewisse persönliche
Kanäle. Das passiert auf unserer Schule auch oft so.
Ich sehe solche Kulturausbildungsstätten sich in Richtung
Reinhardt-Seminar entwickeln. Dort sind alle Burgschauspieler
Lehrer - grob gesprochen - und ihre Lieblingsschüler werden
sofort Burgschauspieler - verkürzt, polemisch gesagt - oder
bekommen andere Engagements im staatlichen Bereich. Das kann
durchaus funktionieren, hat aber unheimliche Inzuchtgefahren.
Daher kommt auch das ganze Wettern gegen Claus Peymann und
Gerd Voss, das ist nämlich eine andere Gruppe. Lesen Sie einmal
die Zeitungen so! Und der Brandauer muß Burgtheaterdirektor
werden, weil er aus dem Reinhardt-Seminar kommt. Das sind
so die in sich drehenden Parabelscheiben - von Lehrer zu Schüler,
die sich im Sinne von Bandenbildung voranbringen.
Sollte im Hinblick auf die Verschlechterung der Arbeitsmarktchancen
von KulturmanagerInnen die Art der Ausbildung diskutiert
werden?
Wir dürfen ja nicht den Fehler machen, daß wir alle Universitäten,
Hochschulen und auch solche Zusatzkurse zu Berufsschulen degradieren.
Ich habe Politikwissenschaften studiert. Nie im Leben habe
ich daran gedacht, daß ich Hochschulprofessor werde. Das hat
sich in meinen fünfundzwanzig Arbeitsjahren Schritt für Schritt,
mit ein paar Weichenstellungen so ergeben. Sicher, ich habe
diese etwas bunte Biographie und argumentiere daher so. Jeder
Minister sagt uns, wir werden in Zukunft drei Berufe brauchen.
Sie selber haben sie nicht, aber wir sollen sie haben. Ich
habe es aber beispielsweise schon gemacht. Ich gehe von diesem
politischen Kontext von Mehrfachberufen und Berufswechseln
aus.
Wenn ich diese Kulturmanagementkurse unter diesem Aspekt
sehe, daß jemand dann trotzdem in einer Versicherung oder
Bank Karriere macht, so hat er einen Zugang zur Kultur. Von
unseren rund 100 Absolventen im Jahr werden auch nicht alle
Künstler. Ich sehe sie dann später vielleicht irgendwo in
der Administration. Es wäre völlig wahnsinnig zu sagen, daß
das Studium falsch war. Er oder sie hat hier fünf Jahre studiert,
hat sich künstlerisch bereichert. Das werfe ich einem Byzantinisten
oder jemandem, der jetzt Serbisch lernt und es berufsmäßig
gar nicht ausübt, auch nicht vor.
Das ist der gefährlichste Teil an der ganzen Sparpaketdebatte,
daß man die Universitäten zu Berufsschulen degradiert. Es
geht darum, Probleme zu bearbeiten, in konventionellen oder
neuen Arbeitsfeldern. Durch die Fachhochschulthematik ist
plötzlich ein ganz hysterischer Druck entstanden.
Aber zurück zur Frage nach Kulturmanagement, kulturelles
Projektmanagement - es wäre notwendig, diese improvisierende
Vielfalt, die in jedem Managementlehrbuch eigentlich als Positivum
geschildert wird, auch endlich als Positivum zu erkennen.
Viele der Leute Ihrer Generation, mit denen ich rede, sagen
mir, es hat mit Kunst und Kultur nicht so geklappt. Wirklich,
eine wahre Geschichte aus der letzten Woche von einem Studenten,
der erzählt: 'Ich habe mich bei zehn Werbeagenturen beworben,
die lesen meine Biographie und sehen, daß ich aus der Kunst
komme und erklären: Sorry, Sie kommen für uns nicht in Frage'.
Das geschieht - nicht ganz unverständlich - aus der Haltung
heraus, daß das verbunden wird mit 'zu improvisierend, nicht
professionell genug, verrückt, nicht benutzbar für eine Agentur,
die Events organisiert' und er ist hinausgeflogen. Ich glaube,
diese Story bringt es auf den Punkt, diese verschiedenen Kulturen
- auch ein Transferthema von mir - wie bizarr das läuft. In
den Lokalen sitzen die Werbeleute alle neben unseren Kunststudenten,
schmücken sich mit Künstlern, aber im Beruf klappt die Zusammenarbeit
nicht. Man kann natürlich auch sagen, Gott sei Dank werden
nicht alle von der Werbung aufgesogen. Es hat auch etwas ganz
Erfreuliches. Trotzdem wird unnsere Gesellschaft unter Druck
durchlässiger.
Ich möchte eine Gesellschaft mit möglichst vielfältigen
Berufschancen aus einer guten Grundausbildung heraus, die
keine zu enge Berufsausbildung ist. Im Kulturmanagement erweitert
sich einiges, z.B. daß die Lufthansa fünf bis sechs hauptamtliche
Leute nur für Kulturprojekte hat. Die großen westlichen Konzerne,
die sich wie die Lufthansa mit Sponsoringprojekten positionieren,
haben natürlich solche Leute. Da sind in den letzten Jahren
international viele Arbeitsplätze entstanden. Das Kunstforum
der Bank-Austria, Herr Schröder, hat inzwischen ein gutes
Gehalt und macht alles Mögliche. Diese Posten hat es vor zehn
Jahren in einer Bank nicht gegeben, das waren früher ärmliche
Beraterposten. Da zeichnet sich ohnehin eine Differenzierung
ab, die aber nicht in ein Schachterl 'Kulturmanagement' paßt.
Das ist meine Kritik an diesen ganzen Programmen, die ich
auch in dieser lange Zeit geheimgehaltenen Studie versucht
habe, skizzenhaft zu formulieren. Ganz gut in dieser Studie
ist meine Liste der Prominenten, die ich Ihnen ja gegeben
habe. Das sind die jetzt Herrschenden gewesen. Ich habe einmal
analysiert, woher die Leute kommen, die aus den Medien bekannt
sind, von Pasterk über Zilk bis Marboe. Kulturmanagement hat
überhaupt niemand gelernt. Ich sage nicht, daß das gut oder
schlecht ist. Ich glaube aber nicht, daß die alle durch am
IKM oder sonstwo trainierte Kulturmanager ersetzt werden sollen.
Das ist ein groteskes, politisches Mißverhältnis. Die kommen
nämlich aus anderen Kanälen, nicht nur wegen Mafia, sondern
wegen Medientalent und politischem Durchsetzungsvermögen.
Es gab vor zwei bis drei Jahren einen ganz ätzenden Spiegelartikel
über die deutschen Kulturmanagementausbildungsstellen. Man
hat das dort völlig vernichtet mit der Frage nach den Posten
für diese Leute. Damit hat man im Kern aber irgendwie Recht
gehabt. In den Zeitungen sieht man, erkennt man, daß Kulturmanager
kaum gesucht werden. Es wird der FestivaIintendant für ein
Musikfest in Schleswig-Holstein ausgeschrieben, da muß man
aber mit Musikkenntnissen kommen oder welchen Kenntnissen
auch immer, aber nur dieser managerielle Administrator ist
nicht gefragt. Diese Posten gibt es zwar auch, es ist aber
noch keine überschaubare Berufschance.
Es gibt aber in den Ausbildungsprogrammen doch große Unterschiede,
einerseits die generalistischen Ausbildungen wie am IKM
und andererseits Ausbildungen, die auf ganz konkrete Berufsfelder
abzielen wie am Institut für Kulturwissenschaften (IKW)
für Ausstellungskuratorinnen und Museumspädagoginnen.
Die Ausbildung bei Dieter Bogner (IKW) finde ich zum Beispiel
ganz gut. Ich treffe viele Absolventen von ihm bei Ausstellungsprojekten.
Die kennen mich, weil ich dort auch Vorträge halte. Über diese
Ausbildung habe ich eigentlich tendenziell immer eine gute
Nachricht gehört, daß die sich auch entwickeln, Jobs finden
und auch diesen Kurs gut fanden. Das kann ich nur von Absolventen
sagen. Dort ist es sehr projektorientiert. Das IKM kenne ich
in Wahrheit zu wenig, daher will ich diese Programme auch
nicht gegeneinander ausspielen.
Eine andere Frage ist natürlich auch das Einkommen. Ich habe
die aktuellen Zahlen nicht im Kopf, aber ein kaufmännischer
Leiter eines Museums verdient irgendwo in der Höhe eines Beamten
leicht über der Mittelklasse, der verdient auch mit fünfzig
Jahren um die 18.000,- Schilling netto. Das ist ja mit der
Wirtschaft überhaupt nicht kompatibel. Das sind ja von der
Wirtschaft her gesehen absolut unvergleichlich schlechtere
Posten. Und die haben es auch nicht leicht. Ein kaufmännischer
Direktor in einem Museum wie z. B. im MAK mit einem sehr quirligen
Direktor, der sich auch nicht immer an die Budgets hält, hat
keinen leichten Job. Ich habe jetzt das Gehalt nicht auswendig
im Kopf, aber es wird in der Preislage knapp 20.000 Schilling
sein und das für vierzig- bis fünfzigjährige Menschen. Das
ist low, low, low, trotz Pensionsberechtigung, was in diesem
Fall ja wieder schwachsinnig ist. Wenn das aufbricht, wo ich
ja immer dafür war, daß das 'ent-verbeamtet' wird, gehören
dann natürlich auch andere Gehälter her, wenn ich nicht mehr
die Beamtensicherheit habe. Das wäre für Sie als junge ganz
interessant, ich würde das gerne machen, drei Jahre Manager
von einem Museum, das ganze umkrempeln usw.
Ja, ja wir fänden das auch sehr spannend.
Ja, aber es ist grotesk, daß man da heute zuerst Beamter
werden muß. Das ist ein voll beamteter Betrieb, obwohl das
überhaupt niemand versteht. Der Staat glaubt immer, er erspare
sich damit etwas, ich glaube das nicht.
Wir möchten noch auf einen Punkt Ihrer Studie über Kulturmanagement
eingehen. Bei der Analyse des 'Who-is-Who'-Verzeichnisses
im Bereich Kulturmanagement stellen Sie fest, daß nur sieben
Prozent Frauen in diesem Personenkreis vertreten sind 9)
. Auf der Führungseben, sind Frauen also eklatant unterrepräsentiert,
keinesfalls jedoch prinzipiell im Kulturbereich, im Gegenteil,
wir sehen einen sehr hohen Frauenanteil.
Ja, ich sehe auch fast nur Frauen.
Sie sind auch als Berater von Kulturinstitutionen tätig,
welche Empfehlungen würden Sie abgeben, um einen gleichberechtigten
Zugang zu gewährleisten?
Es gibt einen sehr guten Ausspruch von Frau Mag. Blimlinger,
der mich in meinem keimenden Feminismus zum Nachdenken gebracht
hat. Frau Mag. Blimlinger ist an der Hochschule für Öffentlichkeitsarbeit
zuständig und eine ausgeprägte Feministin. Sie meldet bei
den ganzen Gleichbehandlungsdiskussionen an der Hochschule
eine grundsätzliche Skepsis an, weil - und das ist der interessante
Satz - es sich überall, wo auffällige Frauenförderungsprogramme
stattfinden, um absterbende Branchen handelt. Das ist ein
harter, aber richtiger Satz. Ich weiß jetzt nicht, ob sie
'absterbend' gesagt hat, aber gemeint ist auf jeden Fall 'nicht
reüssierend'.
In Hochschulinseraten steht, wir nehmen bei gleicher Qualifikation
bevorzugt Frauen auf, weil das in Wahrheit trotz Arbeitslosigkeit
längst nicht mehr so ein interessanter Posten ist wie in den
sechziger Jahren. Ein Professor war in den sechziger Jahren
der 'autoritäre Hero' und ehrlich gesagt haben wir oft schon
Probleme, wirklich gute Professoren zu finden. Auch das verschiebt
sich, denn Gehalt und Status haben sich ja auch ziemlich eingependelt.
Ich habe nie wirklich herausgefunden, warum fast alle führenden
Wiener Galerien in Frauenhände geraten sind. Als Krinzinger
und Schwarzwälder in den späten sechziger, beginnenden siebziger
Jahren angefangen haben, waren offenbar keine Männer da. Ich
unterstelle sogar, daß ihnen dieses Administrieren zu minder
war. Es hat nicht viel Geld gebracht und hatte keinen Status.
Oberhuber war der Kopf nach Mauer. Er hat seine Freundin Rosemarie
Schwarzwälder hineingebracht und die hat sich dann sehr geschickt
profiliert. Bei Schwarzwälder kann man das ruhig so sehen,
weil es überprüfbar ist, ohne Negativismus jetzt. Die Galerie
nächst St. Stefan hat einer Frau, wie der Schwarzwälder, die
vorher mit einem Schweizer Diplomaten verheiratet war und
sich dann getrennt hat, eine sehr interessante Lebenschance
gegeben, die sie auch für sich sehr gut genutzt hat. Ich habe
diese Galerie gut gekannt, auch intern, damals hat sich kein
Mann angeboten, diese Galerie bei elender Bezahlung aufzubauen.
Man muß das auch so sehen. Das war ein kleines historisches
Beispiel. Um auf heute zu kommen, fällt mir auf, daß fast
alle Kuratoren, die ich treffe, Frauen sind, auch die gehobeneren,
von der Brigitte Huck bis zur Cathrin Pichler.
Männer fallen mir wenig auf, abgesehen von Harald Szeemann,
der der 'Leading-Wolf' in diesem Sektor ist, oder Peter Weibel.
Es werden sehr viele Ausstellungen von Frauen, auch von 'erwachseneren'
d.h. meiner Generation, kuratiert. Es spricht vielleicht für
die 'Freiheit der Frau', daß sie sich länger nicht von Institutionen
fangen ließ, natürlich als Reaktion darauf, daß sie weit weniger
Chancen hatte. Ich versuche das nur einmal anders zu denken.
Unter diesem Aspekt könnte man es natürlich auch positiv
sehen.
Ich bin hier als unkündbarer Professor auch nicht immer
glücklich. Ich bin eben hier gelandet, aber ich überlege mir
auch immer wieder, ob das das Richtige ist, weil es in einem
gewissen Grad natürlich auch ein Gefängnis ist. Andererseits
kenne ich Cathrin Pichler seit zwanzig Jahren sehr gut und
ihren Alltag müssen Sie sich einmal ansehen. Sie sitzt bis
vier Uhr in der Früh über der Buchhaltung, weil sie Ausstellungen
über Millionen abrechnen muß und sie hat überhaupt niemanden
und kein Geld, um jemanden anzustellen, der sie da unterstützt.
Harald Szeemann kenne ich auch sehr lange und bei ihm ist
es sich bei der MAK-Ausstellung auch hinten und vorne nicht
mit dem Geld ausgegangen. Und der ist sechzig Jahre alt, lebt
sein ganzes Leben am Limit und hat nie wirklich einen Groschen
verdient damit, fährt mit dem Zug von der Schweiz hin und
her, arbeitet im Liegewagen an seinen Konzepten. Den können
Sie einmal befragen! Das wird er in den Medien nie sagen.
Das ist klar. Ich weiß, daß das kein eleganter Typ ist, der
jetzt 'business class' herumfliegt, sondern er ist irgendwo
auf einem studentisch obsessiven Niveau und damit auch sehr
sympathisch geblieben. Er hätte es sich sicher auch ganz anders
richten können. Das ist eine ganz gute Bestätigung dafür,
daß hier noch keine Positionen sind, die sich mit anderen
Sektoren hinreichend ökonomisch vergleichen ließen.
Wir möchten noch einmal auf den Ausbildungsbereich zurückkommen.
Einige dieser Institutionen sind Hochschulen bzw. Universitäten
angeschlossen und beschäftigen sich neben der Lehre auch
mit Forschung und Theorie. Weiche typischen Themenbestände
und methodischen Zugangsweisen beobachten Sie für den Bereich
Kulturmanagementtheorie?
Ich kann das jetzt nur von unserer Hochschule her sagen
und hier ist interessant, dass sich die von uns andiskutierte
Spaltung auch in der Lehre völlig fortsetzt. Auch die beleumundeten,
gut angesehenen Kunst- und Architekturprofessoren spreche
mit ihren Studenten aus dieser Trennung - Kunst und dann der
Rest der Welt - ewig nur über Kunst-, Gestaltungs-, Architektur-
und Designprojekte und den Rest verweisen sie elegant an Typen
wie mich. Dagegen habe ich mich jahrelang immer wieder gewehrt.
Es wäre nämlich viel klüger, wenn ein Herr Prix, ein Herr
Hollein, ein Herr Piva die Gesamthaftigkeit von einem Architekturprojekt
oder einem Designprojekt thematisiert, mit den Studenten bespricht
und die eigenen Erfahrungen einfließen läßt, weil sie ja viel
näher am Markt, an ihrer Realität sind.
Ich kenne mich z.B auch nicht mit Design in Italien professionell
aus, Herr Piva aber sehr wohl. Er lehnt das aber kategorisch
ab: 'Wir sind eine Kunsthochschule. Reder, das machst du!
' Ich überspitze ein bißchen, aber das ist der Tenor. Ich
wehre mich da natürlich und sage, ich bin nicht nur euer Buchhaltungslehrer
und Strukturdenker, ich will diese Projekte von meinem Anspruch
her gesamthaft sehen. Das ist zwar eine etwas indirekte, aber
doch der Versuch einer treffenden Antwort.
Es ist klar, daß man an der WU z. B. Bilanztechnik lehrt,
wenn man aber eine Design- oder Malereiklasse hat, ist das
etwas anderes, es sollte gesamthafter gesehen werden aIso
inklusive des dazugehörenden Betriebes. Es ist interessant
zu erfahren, wie man auf die Biennale kommt, wie man mit Zeitungen
umgeht und wie es funktioniert hat, den ersten Medienartikel
zu bekommen. Diese Fragen stellen die Studierenden dann immer
mir und ich sage ihnen, sie sollen den Hollein, den Prix,
den Attersee usw. fragen und es mit ihnen thematisieren. Diese
Professoren spalten das aber fast durchwegs von künstlerischen
Inhalten ab.
Mein Idealfall wäre, daß die Studenten das in den vier bis
fünf Jahren, in denen sie an der Hochschule sind, von diesen
Professoren lernen. Das können sie dann auch auf greifen und
anders machen. Und Transfer oder Kommunikationstheorie sind
ergänzende, übergreifende Fächer und auch Theoriefächer, die
versuchen dem Ganzen eine gewisse Struktur zu geben. So ehe
ich mich auch. Ich kann mich nicht in zwanzig verschiedenen
Sparten gleich fachkundig auskennen.
Das ist ein ganz gutes Beispiel zu unserem ganzen Gespräch,
daraus kann dann auch ein interessantes Kulturmanagement entstehen.
Denn diese Leute sind sehr clevere Medien- und Projektmanager,
Herr Piva z.B. bekommt die atemberaubendsten Aufträge. Er
ist da sehr geschickt und hat aber eine erstaunliche Scheu,
diese Systematik zur Sprache zu bringen. Wenn Sie mich fragen,
wie ich meine Aufträge bekomme, so sage ich das eigentlich
gerne. Ich sage auch immer, ihr könnt meine Steuererklärung
ansehen, wieviel ich verdiene. Wir sind hier öffentliche Figuren,
das ist doch nicht so ein Geheimnis. Ich habe viel verdient
und ich habe wenig verdient und das kann ich auch jemandem
erklären. Das ganze geschah natürlich immer freiwillig und
es ist auch klar, daß ich ein Privilegierter bin. Aber in
diesen subtilen Kunstbetriebsmechanismen ist da immer sehr
viel Geheimwissen dahinter und natürlich auch Konkurrenzneid,
auch den Jungen gegenüber. Ich erwarte nicht, daß man Namen
nennt, aber die Grundsystematik unseres Themas gehört eigentlich
in den Meisterkassen thematisiert.
Ich war vor ein paar Jahren an der Akademie mit Arnulf Rainer
zu einem öffentlichen Gespräch eingeladen und er hat dort
erklärt, das Wichtigste in einer Malerklasse sei jemand, -
und dabei hat er an Personen wie mich gedacht - der ihnen
Management, Durchblick durch die Systeme, Buchhaltung und
Rechtskunde lehrt.
Dahinter steht natürlich ein gewisser Zynismus, man kann
es nicht ganz wörtlich nehmen, aber es hat auch seine Wahrheit.
Und es heißt ja noch immer nicht, gestylte Marketingtypen
zu erzeugen. Das ist dann hier immer wieder die Angst, daß
die Studenten so clever und 'werbefritzenartig' würden. Das
muß dann je er selber entscheiden, aber ich möchte ihm doch
nicht die Chance auf eine gewisse Professionalisierung vorenthalten.
Diese Arbeitsteilung ist sicherlich trostlos. Da sind wir
aber wieder bei Peymann und seinem kaufmännischen Direktor,
der ich auf Dauer nicht sein möchte, vielleicht als Junger
für zwei bis drei Jahre als Erfahrung. Wenn man aber auf Gestalten
aus ist, im Sinne einer Reformierung des Burgtheaters über
einen Zeitraum von acht bis zehn Jahren, so ist das eine interessante
Aufgabe, also wenn diese systemtechnische, reformerische Dimension
dabei wäre. Nur Budgets zu erstellen und ein militantes Controlling
durchzuführen, sehe ich etwas trostlos.
Und das spielt sich hier wieder ab, irgendwer soll ihnen
budgetieren lehren. Das wird ein bißchen simpel gesehen Aber
auch unsere Studienpläne sind so dumm aufgebaut und das alles
zu ändern, ist ein furchtbar zäher Prozeß. Einen Studienplan
zu ändern dauert mindestes fünf Jahre und man kann es nur
sehr limitiert, weil es mit allen Kunsthochschulen abgestimmt
werden muß. Ich bin da gerade in einer solchen Kommission.
Da hängen Sie sich auf! Da hängen Sie sich wirklich auf! Es
kostet soviel Arbeit, daß Sie die Lust verlieren. Ich bin
jetzt seit einem Jahr daran. Ich habe mit allen geredet, sehr
demokratisch, ich habe Listen geführt, was die Kollegen ändern
wollen, dann muß ich ins Ministerium laufen und mit Linz verhandeln,
ob man da ein bißchen etwas ändert. Das ist unbezahlte, unbedankte
Administrationsarbeit, die jeder irgendwann aufgibt. Da sind
die Strukturen falsch, da ist niemand verantwortlich. Und
das ist in vielen Kulturbetrieben ähnlich.
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