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www.ChristianReder.net: Publikationen: FederZeichnungen
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Galerie Walsch
Monte Carasso
   

Béatrive Stähli
FederZeichnungen

Ausstellungsfolder
deutsch/englisch/italienisch
Galerie Walsch, Wien 2000

Nachdruck in:
Ausstellungskatalog
PUNTI CARDINALE VERSO SUD: Catherine Berthelot, Franco Lafranca, Béatrice Stähli

Antico Monastero della Agostiniane.
I Sotteranei dell' Arte
Monte Carasso / Ticino, CH 2001

Text zur künstlerischen Arbeit von Béatrice Stähli.

 

 

Eine gefundene Feder macht Freude. Nur wenige Objekte können das auf so unmittelbare Weise. Als Zeichen des Fliegens verweist sie auf Möglichkeiten, auf Leichtigkeit, auf ein Schweben. Sie verbindet mit Vorstellungen davon, wie sich der Raum im Flug verdreht und wölbt und alle Horizonte, alle Perspektiven den Bezug zu einem fixen Standpunkt verlieren. Die Feder ist Symbol für die Negation alles Schweren, aller Behinderungen, für müheloses Abheben und kontrollierbares Fallen. Daß sie dem Vogel und nicht dem Menschen gehört, hat dieser immer als ungerecht empfunden. Vögel nachzuahmen, ist eines seiner beständigsten Ziele geblieben. Weil Federn ein Fliegen ermöglichen, Schutz vor Hitze, Kälte, Nässe bieten, zugleich Tarnung und Schmuck sind, ein komplexer Kosmos kommunikativ-erotischer Signale, können sie als "Artefakte" einer eigenen, anderen Welt gesehen werden. Diese Welt der Adler, Falken, Tauben, Paradiesvögel, mit ihrem großen Einfluß auf jedes Symbolisieren, hat Muster geprägt, selbst Muster utopisch-mobiler Gesellschaften, die glauben, ihre Regeln längst gefunden zu haben. Aber sogar in der Vogelwelt sehen die mechanisch-reflexhaften Abläufe bloß wie Freiheit aus. Geheimnisse hat sie dennoch viele bewahrt, denn trotz aller Erfolge beim Erforschen und Kopieren ist keineswegs aufgeklärt, wie Vogelschwärme ihre rasend schnellen, oft völlig unmotiviert erscheinenden Flugmanöver koordinieren oder wie die Navigation der Zugvögel funktioniert.

Die große Federsammlung, auf die Béatrice Stähli in ihren neuen Arbeiten zurückgreift, stammt aus der Zeit, bevor begonnen wurde, mit Schutzbestimmungen der Dezimierung gefährdeter Arten erste Grenzen zu setzten. Sie wertet solche Relikte auf, fast wie Reliquien, und bestärkt sie in der melancholischen Ausstrahlung die sie haben. Was sie auf den ersten Blick repräsentieren, wird jedoch durch die Art der Präsentation auf lakonische Weise minimalisiert und verwandelt. Die Exotik des Materials, mit ihrer Verführung zu stereotypen Bildern von Schönheit, von Stolz, von natürlicher Freiheit, die jeder ursprüngliche Federschmuck auslöst, wird durch ihre Transformationen einem gegenwärtigen, differenzierenden Blick ausgesetzt. Bewußt bleibt, daß trotz aller Dekonstruktion romantische Zugänge Bedeutungen prägen. Zugleich wird als Irritationsmoment präsent, daß mit den Federn und zugehörigen Assoziationen viel passiert ist, denn mehrere an einem Ort gefundene Federn sind meistens Hinweise auf eine Tragödie, ob in der Natur oder in einem Lager, bereitgestellt zum Verkauf. Zu etwas Künstlichem erklärt und als Ware gehandelt, verwischen sich die Unterschiede zu Natürlichem. Manchmal entsprechen Farben und die Zeichnung der Federn noch dem Originalzustand, manchmal sind sie im Nachhinein verändert. Was wie etwas Seltenes ausschaut, wird kostbarer, teurer. Grau-Schwarz-Schattierungen gelten als zu alltäglich, vor allem bei Vögeln. Mit solchen Differenzen operiert sie, damit das Material sich seine Geltung selbst schaffen kann. Es ist was es ist. Montiert zu Federflächen, zu Federkörpern, kann es zeigen, wie subtil es Licht reflektiert, selbst wenn es gefärbt worden ist und wie nuanciert seine Eigenschaften an Funktionen erinnern, die sie einmal gehabt haben.

Unter Vögeln ist der auffälligere Schmuck manchmal weiblich, manchmal männlich; unter Menschen war der prächtigste Federschmuck für Häuptlinge, für Könige reserviert, die damit imponieren wollten. Die Feder selbst hat eine weibliche Aura behalten.

 


Béatrice Stähli: Supermarkt
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© Christian Reder 2000/2002