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Verantwortung im Krankenhaus

in: Rolf Hilkdebrand, Wilfried von Eiff (Hg.): Handbuch Krankenhaus-Management
5 Bände
Verlag moderne Industrie/ecomed Verlag, München - Landsberg/Lech 1978

Aufsatz zur Verantwortungspolitik im Krankenhaus als Ansatz für Strukturentwicklungen
Standardwerk zum Krankenhaus-Management mit Ergänzungslieferungen
 
Inhalt
1
Einleitung
2
Verantwortungsproblematik
3
Verantwortungszuordnung
4
Informationen zur Selbst- und Fremdkontrolle
5
Gruppenbewußtsein

 


1. Einleitung

Das perfekt durchorganisierte Krankenhaus ist kein geeignetes Leitbild für Reformbestrebungen. Ein engagiertes Arbeitsverständnis resultiert aus einer Vielzahl von Einflüssen, die sich nur ansatzweise organisieren lassen. Die Gestaltung motivierender Arbeitsbedingungen ist als Entwicklungsprozeß zu verstehen, in dem Zug um Zug die Steuerungsanforderungen auf qualifizierte Weise mit den Interessen der Patienten und Krankenhausmitarbeiter abgestimmt werden.

Der im »Dienstleistungsbetrieb Krankenhaus« bestehende Nachholbedarf an Regelungssystemen droht gegenwärtig in Tendenzen zu Überorganisation und immer strengerer Reglementierung umzuschlagen. Wie Finanzierungsmodelle, Organisationsstrukturen, Planungs-, Informations- oder Kostenrechnungssysteme mit der Arbeitssituation in den einzelnen Abteilungen verknüpft werden sollen, damit hier positiv zu wertende Veränderungen bewirkt werden, ist mit sehr komplexen Fragestellungen verbunden. Mit zu großen Vereinfachungen werden die Zusammenhänge des Krankenhauses mit seinem Umfeld, seine Eigenschaften als soziales System und vor allem auch die verschiedenartigen Bedingungen für ein motiviertes Arbeiten, im Sinne einer technokratischen Problemsicht vernachlässigt. Damit die systemtechnischen Aspekte der Krankenhausorganisation, die in diesem Handbuch im Vordergrund stehen, bei ihrer Anpassung an die im einzelnen Krankenhaus gegebenen spezifischen Bedingungen, immer wieder dahingehend überprüft werden können, inwieweit sie ein engagiertes Verhalten fördern und nicht lähmen, wird in diesem Abschnitt versucht, einen entsprechenden Argumentationsrahmen zu skizzieren.

Ausgangspunkt ist dabei die Problematik der persönlichen Verantwortung im Krankenhaus, da sie zwischen den Intentionen des einzelnen und den vielschichtigen, einander oft widersprechenden Ansprüchen, die an ihn gestellt werden, eine Verbindung herstellt. Die hier zu einzelnen ihrer Hauptelemente zusammengefaßten Überlegungen sollen Impulse für eigenständige Analysen der Entwicklungsmöglichkeiten geben und das Problembewußtsein über rein regelungstechnische Fragen hinausführen.

 
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2. Verantwortungsproblematik

In der Praxis des Krankenhausbetriebes kann die Verantwortungszuordnung nicht spannungsfrei erfolgen. Ärzte, Pflegekräfte oder Verwaltungsmitarbeiter sind bei der Durchführung ihrer Aufgaben von zahllosen Einflußfaktoren abhängig. Ihr konkreter persönlicher Handlungsfreiraum müßte in jedem Einzelfall sorgfältig erfaßt werden, wenn der Grad ihrer Verantwortung zu beurteilen wäre. Wie schwierig dies sogar bei tatsächlichen Straf- und Haftungstatbeständen ist (»ärztlich Kunstfehler« etc.), kann als Beleg dafür dienen, um wieviel komplexer die Sachlag ist, wenn es nicht um Extremfälle, sondern um ein verantwortliches Arbeiten in Rahmen betriebsinterner Regelungen geht. Ebenso wie auf straf- und zivilrechtlicher Ebene Verantwortung und Sanktion laufend neu interpretiert wird, sollte dies auch im Arbeitsprozeß bezüglich interner Vereinbarungen und Normen geschehen.

Inwieweit etwa einzelne Mitglieder von Krankenhausleitungen für die Betriebsführung Verantwortung übernehmen können, ist infolge geringen eigenen Handlungsspielraums und zahlreicher Einwirkungsmöglichkeiten übergeordneter und externer Instanzen ein zentrales Problem. In weicher Art private und staatliche Krankenhäuser in Entwicklungsrichtlinien, gesundheitspolitische Projekte, Kosten- oder Leistungsvorgaben eingebunden werden sollen, ist erst in Ansätzen absehbar. Welche Entscheidungen zentralen »Bewilligungsinstanzen«, der Krankenhausleitung oder den einzelnen Abteilungen zugeordnet werden, ist eine Frage der anstrebenswerten Verantwortungsstrukturen. Eine dezentrale Kostenverantwortung und eine dazu notwendige Beurteilung von Leistungsgrad und Arbeitsergebnissen ist mit gravierenden Auswirkungen auf die Arbeitssituation verbunden. Die gegenwärtige Gliederung von Krankenhaus und Leitung in drei Bereiche, von denen die Wahrung finanzieller Interessen primär der Verwaltung übertragen ist, während die beiden anderen »Fachaufgaben« erfüllen, institutionalisiert einen - vermeintlichen Gegensatz zwischen ärztlich-pflegerischer und betriebswirtschaftlicher Verantwortung. Durch die Einschaltung verschiedenster Stellen in die diversen Entscheidungsprozesse bestehen einander vielfach überlagernde, vermischte Verantwortungsbereiche.

Welche persönliche Verantwortung dennoch dem einzelnen zuzuordnen ist bzw. von ihm übernommen werden kann, muß aber eine Fragestellung von hoher Priorität bleiben, wenn nicht ein persönliches Verpflichtungsgefühl immer stärker verlorengehen soll.

Die Problematik persönlicher Verantwortung konzentriert sich auf folgende Hauptelemente:

  • die subjektiven Möglichkeiten zu selbständigem, verantwortlichem Handeln (soziale Situation, Einstellung, Ausbildung etc.),
  • der mit der auszuübenden Funktion verbundene Handlungsfreiraum und seine Einschränkungen (Aufgabeninhalte, Normen, Weisungsgebundenheit, informelle Erwartungen),
  • der Risikograd bei persönlich zu treffenden Entscheidungen,
  • die formellen und informellen Sanktionsmöglichkeiten der Rechenschaft fordernden Instanzen (bestehende Normen und ihre Interpretation, Interessens- und Machtstrukturen, Aufstiegsmechanismen, Gruppenzugehörigkeit),
  • die Verfügbarkeit von Informationen (im weitesten Sinn) zur Erfassung von Kausalzusammenhängen und Handlungsfolgen und die subjektiven Fähigkeiten sie wahrzunehmen und umzusetzen.

Dieses komplexe Spannungsverhältnis zwischen persönlicher Handlungsfreiheit, den Handlungsfolgen und ihren Nebenwirkungen kann auch bei sehr gründlicher organisatorischer Entwicklungsarbeit nur reduziert und überschaubarer kanalisiert werden. Die stereotype organisationstheoretische Forderung nach Deckungsgleichheit von »Aufgabe«, »Kompetenz« und »Verantwortung« kann nur als vereinfachtes Denkmodell dienen. Alle drei Kategorien sind etwa für einen Krankenhausarzt auch nicht in nur annähernd befriedigender Weise zu definieren. Versuche hier immer präzisere Regelungen zu treffen, fördern nur eine Verantwortungsabwälzung und ein unkritisches Vermeiden von Regelverstößen.

Eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für ein verantwortliches Arbeiten erfordert die integrierte Weiterentwicklung von Organisationsstruktur, Steuerungsinstrumenten und Informationswesen, ohne daß dabei ein Perfektionsanspruch Selbstzweck- und Bürokratietendenzen verstärkt. Der Informationssektor muß dabei eine besondere Priorität haben, da erst mit fundierten, anwenderorientiert aufbereiteten Daten qualifiziertere Grundlagen für die Selbst- und Fremdkontrolle geschaffen werden und die Verantwortungszuordnung damit auch durch differenzierte innerbetriebliche Beurteilungsansätze ergänzt werden kann. Gerade das Krankenhaus, mit seinen schwer meßbaren qualitativen Leistungsaspekten steht aber diesbezüglich vor höchst anspruchsvollen informations- und regelungstechnischen Aufgaben, die mit gravierenden Konsequenzen für die Arbeitsweise innerhalb seiner einzelnen Bereiche und Abteilungen verbunden sind.

Die gestaltbaren Bedingungen für ein verantwortliches Arbeiten in größeren Organisationen (vgl. die Publikation des Verfassers: »Organisationsentwicklung in der öffentlichen Verwaltung«, Bern-Stuttgart 1977), sind daher besonders mit drei Problemschwerpunkten verbunden:

  • Verantwortungszuordnung
  • Informationen zur Selbst- und Fremdkontrolle
  • Förderung eines Gruppenbewußtseins

 
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3. Verantwortungszuordnung

Zur Strukturierung der verschiedenen Elemente des Begriffes »Verantwortung« und zu seiner Nutzbarmachung für betriebliche Regelungskonzeptionen sind folgende organisationsinterne Verantwortungskategorien als besonders charakteristisch heranzuziehen:

  • Tätigkeitsverantwortung (Durchführung bestimmter Tätigkeiten im Rahmen vor Vorschriften und Weisungen)
  • Kostenverantwortung (als Konsequenz einer konkreten Entscheidungsfreiheit bezüglich bestimmter Kostenpositionen oder Budgets)
  • Resultatsverantwortung (in Bezug auf hinreichend objektiv beurteilbare Arbeitsergebnisse)
  • Initiativverantwortung (bezüglich über den unmittelbaren eigenen Aufgabenbereich hinausgehender Initiativen und der Mitwirkung und Mitbestimmung bei übergeordneten Entscheidungen).

Die Abgrenzung erfolgt dabei nach der jeweils vorrangigen Beurteilungsmöglichkeit, da diese für die Verantwortungszuordnung, für Planung, Kontrolle und das Arbeitsverständnis ausschlaggebend ist. Tätigkeits-, Kosten- und Resultatsverantwortung beziehen sich im Prinzip auf gleichwertige, nicht zwingenderweise einander untergeordnete Arbeitsinhalte. In der Regel ist ein Arbeitsbereich mit Tätigkeitsverantwortung und mit Einzelelementen einer Kosten- und Resultatsverantwortung verknüpft.

Eine überwiegende Tätigkeitsverantwortung ist mit allen jenen Funktionen verbunden, deren Kosten und Arbeitsergebnisse sich einer Beurteilung entziehen, wei sie nicht, nur vage oder nur mit unvertretbarem Aufwand erhoben werden können. Je besser es aber auch in diesen Fällen gelingt, Einzelkriterien zur Abschätzung vor Kosten-, Qualitäts- und Resultatsrelationen zu gewinnen, desto ergebnisorientierter kann auch dann gearbeitet werden, wenn wichtige andere Informationen fehlen.

In jeder Arbeitsgruppe, der zweckmäßigerweise ein eigenes Budget und eine gewisse Entscheidungsfreiheit bezüglich der verursachten Kosten zugeordnet werden kann, trägt zumindest ihr Leiter eine konkret definierbare Kostenverantwortung. Ihre Dezentralisierung aktiviert ein Kostenbewußtsein im Krankenhaus, während andernfalls bei einer Verknappung der Mittel immer engmaschigere Bewirtschaftungsvorschriften unvermeidlich werden.

Auf die Arbeit ganzer Abteilungen bezogene Kosten- und Resultatsverantwortung ist in jenen Fällen gegeben, in denen die erbrachten Leistungen durch eine Gegenüberstellung von Kosten und hinreichend quantifizierbarer Ergebnisse bewertbar sind. Dies können vor allem jene internen Dienstleistungseinheiten sein, die den ärztlich-pflegerischen Bereich unterstützen, wie Wäscherei, Küche, Werkstätten, aber auch Apotheke, Labors oder Röntgenabteilungen. Bei Diagnose, Therapie und Pflege entzieht sich der Resultatsbegriff zumindest einer kontinuierlichen Beurteilung mittels unmittelbar für die betriebliche Steuerung heranziehbarer Kriterien.

Eine Charakterisierung des Potentials, das in den einzelnen Arbeitseinheiten hinsichtlich einer Tätigkeits-, Kosten- und Resultatsverantwortung gegeben ist, liefert wesentliche Ansatzpunkte für seine Einbeziehung in Organisations-, Planungs- und Informationskonzeptionen. Erst indem die bereits bestehenden Bausteine der Krankenhausorganisation, die Abteilungen, analysiert werden, inwieweit für sie die Bedingungen eines verantwortlichen Arbeitens zu verbessern sind, wird auf die tatsächliche Arbeitssituation und die Praxiserfordernisse an der Basis Bezug genommen. Dabei treten auch die Grenzen einer kosten- und ergebnisorientierten Arbeitsorganisation deutlich zu Tage, und es werden Fakten und Argumente für handhabbare Organisationsformen gewonnen.

Ergänzend zu den auf abgrenzbare Aufgabenstellungen bezogenen Verantwortungskategorien muß den organisatorisch abgesicherten Möglichkeiten zu einer Initiativverantwortung ein hoher Stellenwert eingeräumt werden. Sowohl innerhalb der eigenen Arbeitsgruppe, als auch in Fragen des gesamten Krankenhausbetriebes müssen dem einzelnen Mitarbeiter Mitwirkungs- und Mitbestimmungsmöglichkeiten offen stehen, die ihn zu Initiativen aktivieren, die über seinen unmittelbaren Aufgabenbereich hinausgehen. Ein paralleler Ansatzpunkt von gravierender Auswirkung ist in diesem Zusammenhang die konsequente Trennung von Daueraufgaben und innerbetrieblichen Projekten und deren Zusammenfassung in Aktionsprogrammen. Projekte sind Sondervorhaben mit konkreten Zielsetzungen, einem Termin und Vorgehensplan, möglichst einem eigenen Budget und einem Projektleiter, der für das von mehreren, meist teilamtlich eingesetzten Mitarbeitern erarbeitete Gesamtresultat verantwortlich ist. Durch ein Herauslösen solcher abgrenzbarer Aufgaben aus dem normalen Arbeitsprozeß erhöht sich die Kapazität zur eigenständigen Problembewältigung, die zahllosen internen Entwicklungs- und Abstimmungsfragen können gezielt bearbeitet werden, und den befaßten Mitarbeitern bietet sich die Möglichkeit, zu konkreten Verbesserungen beizutragen.

 
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4. Informationen zur Selbst- und Fremdkontrolle

Eine Beurteilung von Entwicklungsnotwendigkeiten und von Organisationskonzeptionen aus der Sicht der äußeren Bedingungen für ein verantwortliches Arbeiten ist neben der Frage nach der im konkreten Fall geeigneten Verantwortungs- und Leitungsstruktur vor allem mit den Auswirkungen verbunden, die aus Fortschritten bei der Datenerfassung, Datenauswertung und Datenzulieferung resultieren können. Jede Aufgabengliederung ist zugleich auch Arbeitsteilung, während fundierte Informationen starke integrative Momente beinhalten. Diese werden allerdings erst dann wirksam, wenn eine genügend große Zahl von Mitarbeitern derartige Daten tatsächlich als wichtige Entscheidungsunterlage benutzt.

Damit dazu ein Anreiz geschaffen wird und die ständig wachsende Informationsfülle bedarfsgerecht strukturiert werden kann, ist ebenfalls die Frage nach den aussagekräftigen Daten zur Abschätzung von Handlungsfolgen ein wesentliches Hilfsmittel. Gegenwärtig herrscht ein hoher Grad an Improvisation. Statistiken und Leistungskennziffern werden meist aufgrund gesetzlicher Vorschriften erfaßt, ohne daß sie konsequent für innerbetriebliche Entscheidungen herangezogen werden. Das betriebswirtschaftliche Instrumentarium ist in keinem Krankenhaus auf einem Entwicklungsstand, der demjenigen vergleichbarer Dienstleistungsbetriebe entspricht. Auch bezüglich des in Einführung befindlichen Rechnungswesens besteht die Gefahr, daß es als bloße Kostenstatistik und nur zur Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen für die finanzielle Förderungswürdigkeit benutzt wird. Aber auch wenn solche Entwicklungen abgewehrt werden können und das Krankenhaus der unmittelbar nächsten organisatorischen Entwicklungsstufe über hinreichend detaillierte Kostendaten und einzelne Teilsysteme von Resultatskriterien für seine interne Steuerung verfügt, sind nur Ansätze für mögliche Verhaltensänderungen verwirklicht.

Erst mittels einer breiteren Diskussion abteilungsspezifischer Kosten- und Resultatsrelationen und der Kriterien für eine qualifizierte Aufgabenerfüllung kann ein Bedarf nach entsprechenden Informationen geweckt werden. Es muß ein Verständnis dafür erreicht werden, daß nur mit einer konsequenten, dezentralen Abstimmung ärztlicher, pflegerischer und betriebswirtschaftlicher Kriterien den Tendenzen zu immer strengerer Reglementierung und Bürokratisierung entgegengewirkt werden kann.

Der Konflikt zwischen der Begrenzung der Ressourcen und dem humanitären Ziel einer bestmöglichen Heilung und Rehabilitation des Patienten kann im Krankenhaus nur dann auf qualifiziertere Weise bewältigt werden, wenn

  • die einzelnen Basiseinheiten (das sind die kleinsten, zweckmäßigerweise mit eigenem Budget ausgestatteten Organisationseinheiten) direkt am Planungsprozeß mitwirken,
  • ihre finanziellen Forderungen in einer nachvollziehbaren Argumentation mit dem verfügbaren Budgetvolumen abgestimmt werden,
  • sie den Einsatz ihrer Budgetmittel weitgehend selbständig steuern können,
  • nicht nur die Budgeteinhaltung, sondern auch die erzielten Ergebnisse einer Selbst- und Fremdkontrolle zugänglich gemacht werden
  • und dadurch die Abwägung der Kosten- und Nutzen-, bzw. Qualitätsrelationen Grundelement des täglichen Arbeitsprozesses und der betrieblichen Entscheidungen wird.

Dazu müssen Steuerungsinformationen verfügbar sein, die es ermöglichen, den vom Patienten direkt bzw. von der Gesellschaft getragenen Aufwand möglichst optimal und besser legitimierbar einzusetzen. Auch im Krankenhaus sollte der mit möglichst geringem Aufwand erzielte Erfolg Priorität haben, solange nicht in konkreten Situationen entschieden wird, daß darauf keine Rücksicht zu nehmen ist. Entscheidungen dieser Art lassen sich um so selbstverständlicher treffen, desto transparenter das gesamte Betriebsgeschehen gestaltet ist.

Vor allem die Dominanz der Krankenhaustechnik mit ihren enormen Investinons- und Folgekosten erzwingt verfeinerte Steuerungssysteme und Veränderungen des Des Entscheidungsverhaltens, wenn es gelingen soll, die Eigendynamik der damit verbundenen Entwicklungen in den Griff zu bekommen. Aber auch für andere betriebliche und fallbezogene Entscheidungen muß Ausbildung, Erfahrung und Intuition immer stärker durch spezifisch zusammengestellte Informationen ergänzt werden.

Eine differenzierte Kostenerfassung genügt dazu nicht, da dem verursachten Aufwand noch keine Ergebnisse gegenübergestellt werden können. Die Kosten einzelner Abteilungen lassen sich zwar mit jenen vorangegangener Jahre, mit geplanten Budgets und mit denjenigen anderer Krankenhäuser vergleichen, ohne Leistungs- und Qualitätskriterien bleibt es aber bei einer Konzentration auf den Geldmaßstab und die Aussagen über die Art der Aufgabenerfüllung sind einseitig und vage. Ob einzelne Abteilungen »besonders gut« oder »nicht empfehlenswert« sind, wird heute nur über informelle Kanäle bekannt, ohne daß sich daran Steuerungs- und Lernprozesse anschließen.

Das Problem der Objektivierung des Heilungserfolges und damit der eigentlichen Krankenhausaufgabe steht mit allen seinen psychologischen, juristischen und kostenmäßigen Konsequenzen ungelöst im Raum.

Damit dennoch in den Krankenhäusern die Arbeitsergebnisse stärker ins Zentrum gerückt werden können, ist abzugrenzen

  • in welchen Einheiten auf Budgets bezogene Arbeitsresultate relativ einfach anhand quantitativer Maßstäbe beurteilt werden können
  • und in welchen Einheiten dies nicht, schwierig, zu aufwendig oder nur mittels isolierter Einzelkriterien möglich ist.

Zur ersten Gruppe zählen vor allem funktionell weitgehend selbständige Dienstleistungseinheiten, deren Leistungsstandard unter Heranziehung von Vergleichsdaten relativ präzise festgestellt werden kann. Im medizinischen Bereich sind dies insbesondere Apotheken, die Labors oder auch die Röntgenabteilungen. Hier geh es nicht um so komplexe Prozesse wie »Heilung«, sondern um den wirtschaftlichen Einsatz von Personal und Finanzmitteln zur Sicherstellung eines bedarfsgerechte: »Servicegrades«. Aus dem Verwaltungsbereich zählen vor allem die Wäschereien, Küchen und Werkstätten dazu. Insgesamt ist über ein Drittel der Funktionseinheiten eines Krankenhauses ohne große informationstechnische Schwierigkeiten auch in seinem Arbeitsresultat bewertbar.

Für die zweite Gruppe - insbesondere ärztliche und pflegerische Bereiche - sind Resultatskriterien noch weitgehend Neuland, zugleich aber eine eminent wichtige Entwicklungsaufgabe mit dem Ziel:

  • Verfügbarkeit von Daten für Ursachenanalyse und daraus abgeleitete Maßnahmenprogramme (z. B. Hygiene, OP-Organisation, Arzneimittelverwendung etc.)
  • Bewertung des Mitteleinsatzes in seiner Relation zu den Elementen des Heilungserfolges
  • Erfassung von Schwerpunkten für die Ausbildung, den Erfahrungsaustausch, die Kommunikation zwischen den Abteilungen, die Forschung
  • Lieferung von Fakten für eine wirksame Vorsorge- und Nachsorgemedizin und für flankierende Maßnahmen in anderen Bereichen (Berufskrankheiten, Unfall Schutz, etc.)
  • Motivierung des Arztes durch laufend greifbare, umfassendere Daten zur eigenen Arbeitserfolg
  • Schaffung geeigneter Voraussetzungen für ein verändertes Arzt-Patient-Verhältnis
  • Erfassung von Patientendaten im Rahmen der anstehenden Entwicklungsaufgaben für eine umfassende medizinische Dokumentation.

Ein unmittelbarer Ansatzpunkt liegt in einer Einordnung der medizinal-statistischen Daten in ein jeweils neu zu konzipierendes internes Berichtswesen und ihre Neuordnung nach steuerungstechnischen Gesichtspunkten. Durch die Analyse, auf welche Erhebungen verzichtet werden kann und welche Prioritäten für die Gewinnung neuer Daten bestehen, kann die eigenständige Informationsentwicklung auf den tatsächlichen Bedarf ausgerichtet werden.

Dieser liegt vorrangig

  • in qualifizierteren Entscheidungsunterlagen für die Budgeterstellung
  • in Kriterien für Anschaffung und Einsatz von medizinischem Gerät
  • in der Präzisierung von Folgekosten einzelner Investitionen
  • in Kostendaten für die Anwendung alternativer Therapien bei typisierbarer Krankheitsbild
  • in Informationen für die Steuerung interner Abläufe und der Zusammenarbeit zwischen den Abteilungen
  • und in einer generell verbesserten Transparenz und Nachvollziehbarkeit des Betriebsgeschehens im Krankenhaus.

Wenn dadurch für die Beurteilung von Arbeitsergebnissen und verursachten Kosten für viele Bereiche eines Krankenhauses fundiertere Grundlagen geschaffen werden, wird eine überschaubarere Beziehung zwischen einzelner Aufgabenstellung, Steuerungsanforderungen und persönlicher Verantwortung möglich. Die Grenzen für eine sinnvolle Reglementierung werden deutlicher sichtbar, und die Konfliktregelung kann auf einem qualifizierten Datenmaterial aufbauen.

Dabei ist wesentlich, daß die Problematik einer Ergebnisbewertung weder zu einem generellen Verzicht auf Bemühungen um eine Objektivierung, noch zur Absicht, regelungstechnisch vollständig durchgeplante, »Integrierte Krankenhaus-Modelle« zu entwickeln, führt. Die vielschichtigen, mit der Arbeit im Krankenhaus verbundenen Spannungsverhältnisse können mit organisatorischen Maßnahmen nur schrittweise beeinflußt werden. Auf das Arbeitsverständnis wirkt sich neben der Verantwortungszuordnung vor allem das Datenmaterial zur Selbst- und Fremdkontrolle auf relativ unmittelbare Weise aus.

 
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5. Gruppenbewußtsein

Ein spezielles Phänomen von Reformbestrebungen liegt darin, daß beispielhafte Entwicklungen in einzelnen Abteilungen oder ganzen Krankenhäusern fast immer von einem starken Gruppenbewußtsein und einer daraus resultierenden, besonders engagierten Arbeitseinstellung getragen werden. Impulsgeber sind Einzelpersonen oder Kleingruppen, denen es gelingt, ausreichende Unterstützung für neuartige Konzeptionen zu finden.

Organisationsstrukturen, Steuerungs- und Informationssysteme sind in diesen Fällen erst die Konsequenz aus mehr oder minder deutlich artikulierten Einsichten über Veränderungsnotwendigkeiten und Arbeitsmethoden.

Für die Vielzahl der Krankenhäuser, in denen es nicht von selbst zur Freisetzung derartiger Kräfte kommt, ist der Weg in der Regel umgekehrt, da erst mittels Änderungen der Organisation die Arbeits- und Verhaltensweisen beeinflußt werden sollen. Die Initiativen gehen dabei häufig von externen Instanzen, vom Gesetzgeber, von politischen Gruppen oder von Aufsichtsorganen aus.

Eine Identifikation mit Entwicklungsnotwendigkeiten und mit neuen Inhalten der Krankenhausaufgabe wird durch die Verlagerung der Entscheidungsfindung und Interessenvertretung auf Stellen außerhalb des Krankenhauses erschwert. Die Benutzung der vielfältigen informellen Beeinflussungsmöglichkeiten behindert die krankenhausinterne Willensbildung. Entwicklungs-, Personal-, Investitions- und andere wichtige betriebliche Entscheidungen sind dadurch in großem Umfang von den realen Machtverhältnissen abhängig, welche die formellen Verantwortungsstrukturen überlagern. Die einzelnen Krankenhausabteilungen haben infolge dieser Konstellation ein sehr unterschiedliches Gewicht. Ihre Integration zu motivierten Arbeitsgruppen wird von zahlreichen Störfaktoren behindert. Finanzierungsinstanzen, Aufsichtsorgane, die Interessenvertretungen der verschiedenen Gruppen von Ärzten, Pflege-, Verwaltungs- und Hilfspersonal und verschiedenste andere Instanzen sind häufig in der Weise an Entscheidungsprozessen beteiligt, daß diese in ein Kräftegleichgewicht münden, das notwendige Veränderungen blockiert.

Nur wenn die Problembewältigung wieder stärker in die Krankenhäuser selbst und in deren einzelne Arbeitsgruppen verlagert wird, finden gesundheitspolitische und organisatorische Initiativen auch an der Basis eine Entsprechung. Denk- und Verhaltensweisen können sich viel qualifizierter veränderten Anforderungen anpassen, wenn die persönliche Urteilskraft und das Potential an Engagement herausgefordert wird.

Auch bei komplexen Reorganisationsvorhaben, die nicht im Rahmen krankenhauseigener Kapazitäten durchgeführt werden können, muß deshalb ein Maximum an Kommunikation angestrebt werden, indem für das jeweilige Krankenhaus repräsentativ zusammengesetzte Informationsgruppen an der Projektarbeit beteiligt werden.

Ein spezifisches Gruppenbewußtsein läßt sich vor allem mit ausgewogenen betrieblichen Kompetenzen und fundierten Informationen aktivieren und durch eine Konfrontation mit Entwicklungsalternativen. Erst wenn über eine Durchführung der laufenden Tätigkeiten hinaus die Beziehungen innerhalb und zwischen den Abteilungen in eine Auseinandersetzung mit den Einzelaspekten der Krankenhausaufgabe miteinbezogen werden, kann das Selbstverständnis der einzelnen Arbeitsgruppen neue Impulse empfangen.

Eine Weiterentwicklung der Verantwortungszuordnung, der Informationen für die Selbst- und Fremdkontrolle und anderer betrieblicher Systeme schafft zwar bei entsprechend sorgfältiger Konzeptionsarbeit verbesserte Bedingungen für ein verantwortliches Arbeiten, wirkt sich aber erst dann als größerer, positiv zu wertender Entwicklungsschritt aus, wenn er auch von einer genügend großen Zahl von Krankenhausmitarbeitern als sinnvoll akzeptiert wird.

 
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© Verlag moderne Industrie/ecomed Verlag, München - Landsberg/Lech 1978 & Christian Reder 1978/2002