Gespräch mit Hermann Czech
Mit dem Architekten, der für die abgelaufene erste Wettbewebsphase
für das umfangreichste österreichische Museumsvorhaben
in diesem Jahrhundert - den Messepalast - mitverantwortlich
ist, sind vielleicht die Erfahrungen mit dem Planungsprozeß
als solchem ein Ansatzpunkt, um zu Klarstellungen und weiterführenden
Fragen zur heutigen Museumsproblematik zu gelangen. Dazu folgende
historische Analogien: Beim damals konzeptmäßig
völlig neuen "Museum für Kunst und Industrie"
(dem heutigen Museum für angewandte Kunst) hat die gesamte
Planungszeit bis zum Baubeginn 6 1/2 Jahre betragen, beim
Kunst- und beim Naturhistorischen Museum waren es 5 Jahre.
Diese Beispiele betreffen konkrete Museumsgründungen.
Das Vorhaben Messepalast ist von seiner Programmerstellung
her naturgemäß viel diffuser. Es geht ja zunächst
nicht um ein bestimmtes Museum, sondern um ein Areal, für
das schon seit dem vorigen Jahrhundert die Absicht bestand,
es einmal für museale Zwecke zu verwenden. Die Linie
der Museumsprojekte dafür geht im Grunde schon auf Semper
zurück und es hat seither praktisch keine planerisch
begründeten anderen Vorstellungen gegeben. Auch die vorläufige
Ansiedlung der Wiener Messe ist durch deren Ausstellungstätigkeit
begründet worden.
Um auf den laufenden Planungsprozeß, der mit ersten
Nutzungserhebungen 1983 eingesetzt hat, zu sprechen zu kommen:
Ich sehe es als einen Vorzug jeder Planung an, wenn man das
Endprodukt der Planung nicht vorher weiß. Wo man anfängt
wird damit sekundär, ob beim Areal, bei den Sammlungen,
bei auftretenden Initiativen, bei der Stadtplanung - oder
bei allem gleichzeitig. Das ist alles gleich wichtig und muß
schließlich zur Deckung kommen.
Auf einer Argumentationsebene ist diese Offenheit auch sehr
positiv bewertet worden. Die Gegenauffassungen haben sich
daran entzündet, daß der Architektur - den Wettbewerbsteilnehmern
also - zuviel an inhaltlich-konzeptionellen Überlegungen
aufgebürdet worden ist.
Es ist eben sowohl dem Publikum als auch den Teilnehmern
an einem Prozeß nichts schwerer zu vermitteln, als ein
flexibles Konzept. Auf Grund der Wettbewerbsergebnisse hat
sich ja dann auch keine Diskussion über jeweils favorisierte
Nutzungsprioritäten entwickelt. Allseitig ist akzeptiert
worden, daß mit den Preisvergaben nicht zugleich auch
eine Abstimmung über Nutzungen verbunden war. Und schon
jetzt stellt es sich die Offenheit dieses Verfahrens als sehr
wichtig heraus. Hätte man zur Zeit der ersten Stufe das
Programm festgeschrieben, dann wären jetzt z. B. die
Galerie des 19. Jahrhunderts und das Heroon von Gölbasi
eingeplant, obwohl dies nicht mehr aktuell ist. Die Offenheit
der Planung ist auch nicht auf ein Vakuum zurückzuführen
gewesen, denn wir hätten in sehr vielen Punkten leicht
Entscheidungen - und zwar durch bloßen Zuruf - herbeiführen
können, haben aber die Flexibilität verteidigt.
Es kommt ja in Wahrheit überhaupt nicht darauf an, was
in noch so gründlichen Akten alles greifbar ist. Planungs-
und Entscheidungssitzungen haben ihre Eigendynamik. Plötzlich
läuft etwas in diese oder jene Richtung. Die Irrationalität
dabei darf doch nicht unterschätzt werden.
Der Grat wischen Flexibilität und Konzeptlosigkeit ist
schmal. De facto dominieren Ho-Ruck-Aktionen. Daß es
ziemlich deutliche inhaltliche Wendungen gegeben hat ist a
priori nichts Negatives, charakterisiert aber doch, wie labil
die politisch-administrative Willensbildung verläuft.
Im Grunde sind zur Zeit alle zentralisierenden, umfangreichen
Veränderungen der Sammlungsstrukturen wieder aus den
unmittelbaren Überlegungen verschwunden. Geplant waren
einmal im Zuge der vom Messepalast ausgelösten Rochaden
ein Mittelaltermuseum, ein Ostasienmuseum, eine Zusammenlegung
von 19. und 20. Jahrhundert mit der Jahrhundertwende als Krönung
in der Mitte, eine Zusammenführung der Antikensammlung.
Als Konzept neu hinzugekommen ist stattdessen das "Museum
der Kulturen", das noch sehr undeutlich vor einem steht,
weil die Sammlungsbestände nicht so klar sichtbar sind.
Das ältere Konzept "Der Mensch im Kosmos" könnte
ein angrenzender Teil von ihm werden.
Fixpunkt ist das 20. Jahrhundert, das sich im Detail aber
auch noch nicht so selbstverständlich darstellt, wie
gemeinhin angenommen. Daß die große Ausstellungshalle
die erste oder eine der ersten Baustufen sein wird, war immer
klar, ebenso wie die jetzt als angeblich neu geforderte schrittweise
Verwirklichung.
Wären aber diese verzahnten Prozesse nicht ein Anlaß
gewesen, grundsätzlichere Vorfragen für Sammlungsstrukturen,
Ausstellungstätigkeit und neue Baulichkeiten zur Debatte
zu stellen ? Was soll der Staat in "seinen" Museen
sammeln ? Wie wird das vielfach angesprochene Gedächtnis
einer Gesellschaft neu strukturiert ? Welche Bedeutung wird
Identitätsstiftend-Historischem und Wegweisendem zugeordnet
? Wer kümmert sich um Musikdokumente, um den Film, um
neue Kunstrichtungen ? Was für "neue" Museen
sind vorstellbar ?
Ich halte es für bezeichnend, daß wir offenbar
jetzt von staatlicher Seite ein Museumskonzept erwarten. Der
Staat kann hier eine Rolle unter vielen Initiativen spielen.
Richtig ist sicher, daß ein Minister in der jetzigen
Phase mit einem Konzept oder selbst mit punktuell verfolgten
Zielen eine bedeutende Rolle spielen könnte. Aber daß
wir sozusagen von oben her die gesamte Museumsstruktur neu
dargeboten bekommen wollen, hat fast etwas Sadistisches an
sich. Wenn das der Staat nämlich liefern würde,
wäre das sofort ein Grund, es in der Luft zu zerreißen
und jeder würde sagen, ein Dekretieren von oben ist ganz
falsch. Ich würde mich da auf Einzelinitiativen verlassen.
Die bestehenden Sammlungen gehen ja genauso auf Einzelinitiativen
zurück.
Und über alle Museen eine Struktur zu legen, ist angesichts
ihrer Verschiedenartigkeit gar nicht möglich. Als Beispiel
möchte ich dafür das Stadtkonzept nennen. Als man
in den 60er Jahren auf den Begriff der Urbanität gekommen
ist, hat man die "urbanistisch" agierenden Architekten
und Soziologen vehement daran erinnern müssen, daß
die Stadt etwas ist, das schon besteht und nicht etwas, das
neu geschaffen wird und daß es einerseits zwar darauf
ankommt, im Bestehenden nichts zu zerstören, andererseits
aber auf die Herstellung neuer Beziehungen innerhalb des Bestehenden.
Ähnlich ist es bei den Museen. Es gibt sie längst,
in sehr vielfältigen Formen und es kann an einzelnen
Punkten darauf ankommen, neue Beziehungen und neue Sichtweisen
in diese Materie hineinzubringen. Im Verhältnis zu dem
was schon besteht, können das immer nur kleine Veränderungen
sein, die allerdings auch den Charakter von Umdeutungen haben
können. Es kann etwas anders gesehen werden, ohne daß
es materiell verändert werden muß. Das Ansinnen
ein umfassendes Museumskonzept zu erstellen, halte ich vom
philosophischen, geistigen her für verfehlt. Der Anspruch
ist verfehlt.
Da würde ich durchaus zustimmen. Meine Argumentationslinie
zielt auch primär auf dahinter stehende "Strukturen"
ab, auf die Strukturen der Organisation, der Budgets, der
Arbeitsbedingungen, der personellen und technischen Ausstattung,
der Ausstellungsmöglichkeiten. Auch der Messepalast wird
erst "lebendig" durch Personal, Betriebsmittel,
Aktionsmöglichkeiten. Solche "Strukturen" schaffen
dann "Inhalte" und in die sollte sich niemand unkompetenter
einmischen.
Da gibt es sicher Mißverständnisse, denn der Begriff
"Museumskonzept" wird von Kulturjournalisten meist
als Forderung einer inhaltlichen Bestimmungen interpretiert.
Sicher ist das Bild einer relativ geordneten und transparenten
politischen Planung - z. B. für den Museumsbereich -
ein Trugbild. Die Realität hat ihre Kräftespiel-Mechanik,
Vorschläge gewinnen Kraft, verschwinden wieder, warum
sich dann was durchsetzt, ist meist schwer nachvollziehbar.
Unlängst ist z. B. plötzlich der Neubaus eines Widerstandmuseums
gefordert worden, von einem Architekturmuseum ist nun schon
seit 20 Jahren die Rede, das Semper-Depot hat eine andere
Nutzung zugewiesen bekommen, als die erhoffte, nämlich
durch das Kunsthistorische Museum.
So läuft das eben. Das Semper-Depot wird jetzt ausgerechnet
von den Leuten beansprucht, die es jahrzehntelang abbrechen
wollten und dort Aktivitäten jener verhindert haben,
denen die Rettung zu verdanken ist. Vielleicht wird es doch
noch einmal für ein Architekturmuseum frei. Daß
dessen Realisierung so langwierig verläuft, ist allerdings
kein Zufall, angesichts der komplizierten Zusammenhänge
gerade in Wien. Die vielen längst laufenden Aktivitäten,
die es vielleicht einmal koordinieren könnte, machen
es zu einer der interessantesten Managementherausforderung
im österreichischen Museumswesen.
Eine für kulturelle Investments latente Frage ist doch
die nach ihrer Strukturierung in Bauten, in Fixkosten und
in Budgets für konkrete Aktivitäten. Daß -
manchmal zumindest - die Entscheidung über noch so hohe
Bausummen eine Frage weniger Wochen ist, während ansonsten
selbst bei kleinsten Beträgen jede Menge Hürden
eingebaut sind, charakterisiert die ökonomischen Bedingungen.
Diesbezüglich sind die österreichischen Museen arm
und auch international gibt es Probleme mit der Finanzierung
der vielbeschworenen lebendigen Museumsarbeit. In sichtbare
Architektur wird sozusagen ganz gern investiert, weil sich
etwas herzeigen läßt und die Baubranche dahintersteht,
bei der "unsichtbaren Architektur" wird überall
gespart. Wäre dem nicht so, könnten sich Museen
ja durchaus eine Art Entwicklungslabor für neue Sichtweisen
werden, mit einer weit in die Gesellschaft hineinwirkenden
Aktivitätsvielfalt.
Solche Konzepte sehe ich im Rahmen einer einzelnen Institution.
Soetwas muß ein Museumsleiter oder eben ein Team im
eigenen Haus machen, mit den Ressourcen, den Sammlungen, Archiven,
Bibliotheken usw., die dort zur Verfügung stehen. Das
kann nicht von oben für eine Reihe sehr verschiedener
Museen, von denen manche für solche Überlegungen
gar nicht geeignet sind, verordnet werden. Ermöglicht
gehört eine Konzepterneuerung in jeder einzelnen Institution
und selbstverständlich müssen Verhinderungsmechanismen
abgebaut werden.
Genau das betrifft den Begriff "Struktur" wie ich
ihn verwende. Verkürzt gesagt ist mit ihm die Entwicklung
entsprechender Arbeitsbedingungen gemeint und dies erfordert
ein Durchdenken der administrativen und budegtären Geflechte,
was zugegebenermaßen mühselig und wenig öffentlichkeitswirksam
ist.
Ich sehe da dialektische Kräfte am Werk. Die eine heißt
"Nichts Zerstören", die andere "Nichts
Verhindern". Erstere kann bis zu einem sinnlosen Konservativismus
führen, letztere bis zu einer sinnlosen Radikalität.
Diese Gefahren muß man in jedem einzelnen Fall gegeneinander
abwägen. Soll z. B. ein neues Museum geschaffen werden,
wie etwa das diskutierte Ostasienmuseum, wirken Verhinderungskräfte
vor allem in jenen Sammlungen, die etwas abgeben sollen, zugleich
muß man aber fragen, ob sie nicht recht haben und tatsächlich
durch Umgruppierungen wichtiges zerstört würde.
Es kommt auch sehr darauf an, wer solche Erneuerungsprojekte
vertritt.
Die ganze Messepalast-Diskussion ist von Raumforderungen
und Sammlungs-Rochaden dominiert; die Debatte um die Situation
in den Museen selbst ist - abgesehen von baulichen Sanierungsmaßnahmen,
Aufsehermangel, etc. - erst sehr langsam angelaufen.
Wie man solche Strukturen, die doch sehr viel mit Medienresonanz
zu tun haben, ändert, weiß ich nicht.
In bezug auf die Kriminalität etwa gibt es sehr wohl
ein Medieninteresse an der Infrastruktur. Ob jeder Bezirk
genügend Wachzimmer hat und auch nachts genügend
Polizisten unterwegs sind, ist ein Standardthema. Im kulturellen,
musealen Bereich gibt es dieses Interesse nicht. Wahrgenommen
werden die Großereignisse, nicht die vielen kleinen
Museumsausstellungen, und das wirkt natürlich auf die
Geldzuteilungen zurück.
Auf jeden Fall soll der Messepalast eine Ausstellungshalle
enthalten; das ist immer wieder verlangt worden. Bemerkenswert
ist vielleicht, daß John Sailer - der im Anfangsstadium
der gesamten Diskussion auf Ministerebene beratend tätig
gewesen ist - in seinem Statement zum Museumskonzept (art
management, Wien, Heft 1/84) gefordert hat, man möge
diese Mittel lieber den einzelnen Museen zur Ermöglichung
eigener Ausstellungstätigkeit zur Verfügung stellen.
Ich würde nicht sagen, daß Wien keine Ausstellungshalle
braucht; aber zumindest für ihre Größe und
Ausstattung sollte eine umfassende und vergleichende Bedarfsanalyse
erstellt werden. Es besteht die Gefahr, daß ein im Stil
einer Messe gemanagtes Ausstellungszentrum zwar selbst wieder
einen Bedarf an Veranstaltungen generiert, aber an neuen kulturellen
Bedürfnissen vorbeigeht. Man sollte nicht davon ausgehen,
daß der Trend zu repräsentativen Großausstellungen
typisch für das Ausstellungswesen bleibt.
Das Bundesdenkmalamt beharrt nunmehr - entgegen der Wettbewerbsausschreibung
der ersten Phase - auf der Erhaltung der Reithalle. Da sie
nun ohnedies klimatisiert werden soll, steht sie doch als
Ausstellungshalle zur Verfügung?
Es ist richtig, daß ein Verzicht des Denkmalamtes auf
die Reithalle jetzt weniger zu erwarten ist als zu Beginn
des Wettbewerbs. Auch die Ausschreibung hat eben keine Linie
festgelegt, bis zu der abgebrochen werden dürfte und
ab der erhalten werden müsse. Auch das Bundesdenkmalamt
geht ja von der Abwägung des öffentlichen Interesses
angesichts eines Gesamtprojektes aus und man sollte diesen
höheren Standpunkt, der der Architekturentwicklung besser
gerecht wird (übrigens genau dem Gesetz entspricht) und
sich vorteilhaft von der normativen Proxis früherer Zeiten
und anderer Länder unterscheidet, einmal gebührend
hervorheben. Meiner Meinung nach sollte einer Entscheidung
über die Vorgabe der Reithalle in der zweiten Wettbewerbsphase
ein Hearing des Bundesdenkmalamtes mit den Teilnehmern der
zweiten Wettbewerbsphase vorangehen.
Die Klimatisierungsmaßnahmen, die ich für eine
Festwochen-Ausstellung durchführe, beinhalten keine baulichen
Maßnahmen, sind also schon deshalb temporärer Natur.
Auch wenn sie noch weiteren Ausstellungen zur Verfügung
stehen, sind sie längerfristig unzumutbar. Eine Erhaltung
der Halle ist damit nicht präjudiziert. Sie ist als Architektur
nicht uninteressant, aber keineswegs das Juwel, als das sie
manchmal hingestellt wird. Sie ist in Einzelfällen -
wie etwa für die Ausstellung "Experiment Seele"
1989 - gut brauchbar; als universell verwendbare Ausstellungshalle
kann man sie nicht bezeichnen. Freilich kann man in fast jedem
bestehenden Bau eine Ausstellung einrichten.
Längst sind - wenn auch bei uns noch nicht im anderswo
üblichen Ausmaß - die wartenden Menschenschlangen
vor Museen und Großausstellungen ein Faktum, das früher
nur vom Lenin-Mausoleum her bekannt war. Kulturpolitik wird
sich von solchen Erfolgskriterien schwer lösen können.
Im Musée d'Orsay muß man sich immer anstellen,
im Petit Palais ist kein Mensch, obwohl dort viele Bilder
derselben Maler hängen. Das reguliert sich also in gewissem
Sinn von selbst.
Die Dezentralisierungsfrage mit Blick auf die fünf stadtplanerischen
Hauptzentren außerhalb des Gürtels - Floridsdorf,
Kagran, Simmering, Favoriten, Meidling - hat für Museumsplanungen
kein Gewicht erlangen können?
Die Dezentralisierung der Stadtentwicklung löst manchmal
Mißverständnisse aus. In der Wiener Stadtplanung
Roland Rainers waren mehrere Zentren vorgesehen, die aber
eine hierarchische Gliederung hatten. Hochzentrale Funktionen,
also etwa überregionale Museen, hatten demnach ihren
Platz nicht in den Bezirkszentren, sondern nach wie vor im
Hauptzentrum. Die Autoren des derzeitigen Stadtentwicklungsplanes
stellten sich unter Dezentralisierung einen Abbau von Hierarchien,
also eine Homogeniesierung, vor; mit der Konsequenz, daß
auch hochrangige zentrale Einrichtungen nicht ausschließlich
im historischen Hauptzentrum situiert werden sollten. Im Grunde
ist das gar keine anti-metropolistische Idee, denn echte Großstädte
haben kein Hauptzentrum. Niemand kann sagen, wo in Paris,
Rom oder London die Mitte liegt. Wien ist ja in dieser Hinsicht
Kleinstadt geblieben. Ich meine allerdings, daß der
Bruch einer solchen Zentren-Hierarchie in einer Epoche nur
an einer Stelle möglich ist, nämlich durch den Ansatz
eines zweiten Hauptzentrums. Dieser Gedanke ist seit dem Vorschlag
der "Arbeitsgruppe 4" von 1964 nicht mehr konkretisiert
worden, und selbstverständlich gehen auch die Überlegungen
zur Weltausstellung an solchen Möglichkeiten vorbei.
Was ist, abschließend gefragt, als Haupterfolg der
bisherigen Planungsarbeit für den Museums- und Ausstellungsbezirk
Messepalast anzusehen ? Die Wahrung der "inhaltlichen"
Flexibilität ?
Daß sie verteidigt werden konnte, werte ich sicher
als positiv. Vor allem steht das ganze Problem, auch jede
strittige Frage, vor einem reicheren Informationshintergrund.
Erinnern wir uns doch, daß vorher nur über Listen
diskutiert werden konnte. Schon von Flächenausmaßen
hatte niemand eine Ahnung. Ferner ist Tatsache, daß
unter Ausschluß von Kommerzarchitektur - die ja die
unmittelbare Bedrohung war - ein Kreis signifikanter Architekten
die endgültig zur Wahl stehenden Projekte ausarbeiten
wird.
Als Beitrag zum Unterhaltungsangebot ?
Sollen wir wirklich noch einen moralischen Unterschied zwischen
Kultur und Unterhaltung machen ? Auch in der Kunst ist die
vernichtendste Kritik die Feststellung, daß etwas langweilig
ist. Auch Kunst will etwas darstellen und jemand bewegen.
Strittig kann nur die Qualität sein.
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Hermann Czech, Architekt
geb. 1936 in Wien. Bauten (u. a. Umbau im Palais Schwarzenberg,
Wien 1984, Fußgängerbrücke im Wiener
Stadtpark, 1987, Wohnbau Wien, Petrusgasse, 1989).
Publizistik (u.a. Das Looshaus, mit Wolfgang Mistelbauer,
Wien 1976). Ausstellungsgestaltungen und -konzeptionen
("von hier aus", Düsseldorf 1984; "Wien
1938", Wien 1988; "Experiment Seele",
Wien 1989). 1986/87 Gastprofessor an der Hochschule
für angewandte Kunst in Wien, 1988/89 Gastprofessor
an der Harvard University.
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