Während des letzten Studienjahres wurden von Mitarbeitern
des Instituts für Automatenforschung erste Anzeichen für bislang
unentdeckte Beziehungsregelmäßigkeilen an den heimischen Universitäten
wahrgenommen. Trotz der vorerst noch sehr diffusen Beobachtungen
gelang es ihnen, die nötige Unterstützung für ein eigenes
Forschungsprojekt aufzutreiben, und seit die neuesten Statistiken
verfügbar sind, konnten sie auch hochinteressante Strukturmerkmale
nachweisen, die - ersten Hypothesen zufolge - zu beweisen
scheinen, dass das akademische Leben in einem erstaunlichen
Ausmaß von der mysteriösen Zahl Sieben geprägt wird.
An den Universitäten wurden nämlich zuletzt 136.490 in- und
ausländische ordentliche Hörer registriert und das heißt nichts
anderes, als daß jeder von ihnen zu exakt 0,0007 Prozent Teil
dieses Ganzen ist. Werden noch die Hochschulen künstlerischer
Richtung und die diversen Akademien hinzugezählt, erhöht sich
die Hörerzahl auf rund Hundertfünfzigtausend, selbst das ändert
jedoch nichts an diesem Basiswert, da es sich erst ab der
fünften Kommastelle auswirkt. Weiters fällt auf, daß im statistischen
Durchschnitt für jeweils 70 Studenten ein Professor eingesetzt
ist und jeder dieser Professoren wiederum 0,049 Prozent (=
72 : 1000) seines gesamten Standes repräsentiert, für den
2.023 Planstellen ausgewiesen werden.
Eine Korrelation ergibt sich jedoch auch für eine Reihe anderer
Daten, so etwa bei der Studiendauer, für die sich ein Mittelwert
von 7 Jahren ergibt oder bei den 7.000 jährlichen Universitätsabschlüssen.
Es läßt sich auch nicht wegdiskutieren, daß bei Gesamtaufwendungen
in der Höhe von 11,6 Milliarden (1984) auf jeden einzelnen
Studierenden 77.000 Schilling jährlich entfallen oder daß
für jeweils 7 Studenten ein anteiliger Großgerätebestand im
Anschaffungswert von 70.000 Schilling errechnet werden kann.
Daß vom Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung zuletzt
700 Forschungs- und Entwicklungsprojekte pro Jahr vergeben
wurden, bestätigt ebenfalls die Existenz solcher Zusammenhänge
und die Zahlen selbst müssen stimmen, da als Datenmaterial
nur dessen eigene offizielle Angaben herangezogen wurden (BMWF:
Statistisches Taschenbuch. Wien, 1984).
Die Auswertung dieser Feststellungen ist noch im Gang und
stößt wegen der uferlosen Literatur über Kraft und Bedeutung
der Zahl Sieben auf eine Reihe methodischer Probleme. Um einem
Schulenstreit lokaler Interpreten dieses alten Wissens zu
entgehen, wurde daher vorerst vor allem auf das in Indien
noch in hohem Ansehen stehende Werk von Sepharial "The Kabala
of Numbers" (Neudruck Bombay, 1969) zurückgegriffen. Es definiert
die Zahl Sieben als die Zahl der Vollendung und führt die
überlieferten Begriffe an, mit denen sie seit jeher in Beziehung
gesetzt wird: Zeit und Raum, Dauer und Entfernung; Alter,
Dekadenz und Tod oder Geduld, Stabilität, Weisheit, Perfektion,
Gleichgewicht, Unsterblichkeit und Ruhe. Auf die Verbindung
von Drei (Dreifaltigkeit, Dreieinigkeit) und Vier (die Realität,
das materielle Universum) wird verwiesen und auf die uralte
magische Nutzung, sei es in der Sieben-Tage-Woche oder im
Buch mit den sieben Siegeln. Daß auch den Pythagoräern die
Zahl Sieben ein Symbol für Ruhe, (kontemplatives) Glück und
Gleichgewicht war, sei nur nebenbei erwähnt.
Eine Arbeitsgruppe verfolgt nun weiter, inwieferne der entdeckten
Siebener-Relation unbewußte, vielleicht sogar archetypische
Assoziationen der Entscheidungsträger zugrunde liegen könnten.
Es ist ja kaum zu übersehen, daß das alte Wissen um diese
Zahl sehr stark mit Vorstellungen von einem Endzustand verknüpft
ist, der sich entweder als Verfall, Absterben, Degeneration
und Tod oder eben als ausbalancierte Gleichgütigkeit darstellt.
Inwieweit aus diesen Bezügen nun tatsächlich Rückschlüsse
auf die Situation an den hiesigen Universitäten gezogen werden
können, soll noch genauer untermauert werden, damit nicht
durch voreilige Hypothesen die Glaubwürdigkeit der Gesamtaussage
zu rasch den Zweiflern ausgeliefert wird.
Zur Sicherheit hat sich daher eine zweite Arbeitsgruppe der
bloßen Zufallsforschung verschrieben. Sie untersucht, welche
Auslöser die Häufigkeit der Siebener-Relation an Österreichs
Hochschulen bewirkt haben könnten, ohne dabei Sinnfragen oder
historische Zusammenhänge zu beachten. Ihr geht es nur um
Quantität und Streuung und um eine Lokalisierung von Zentren.
Dem Vernehmen nach will sie jahrelange statistische Erhebungen
abwarten, bis sie sich zu Aussagen in der Lage sieht.
Derzeit dürfte die erste Gruppe - die sich bereits scherzhaft
Magie-Gruppe nennt - rascher vorankommen und einige ihrer
Aktivisten glauben bereits, daß sie bald eine Theorie vorlegen
können, die dem Status Quo einen Sinn gibt.
Schwierigkeiten bereitet noch, warum die Regelmäßigkeit doch
manchmal durchbrochen ist. So kommen derzeit annähernd 10
Prozent der Studierenden in den Genuß von Studienbeihilfen
(und nicht 7 Prozent, wie es das geheimnisvolle System vorsehen
würde). Auch beim ausgewiesenen Buchbestand beträgt die Pro-Kopf-Quote
100 (und nicht 70 oder 700) Bände und bei der auf jeden Studierenden
entfallenen Nutzfläche sind erst 5,6 Quadratmeter erreicht.
Von den für März dieses Jahres ausgewiesenen 1.400 an Arbeitsämtern
vorgemerkten arbeitslosen Akademikern ließe sich allerdings
behaupten, daß es eben zwei mal siebenhundert wären.
Erst in den letzten Tagen ist aus verläßlicher Quelle durchgesickert,
daß sich informell eine dritte Gruppe gebildet hat, die in
Opposition zu den beiden anderen steht und sich ohne Methodenzwang
der Quantifizierungssucht widersetzen will. Sie knüpft an
einen geheimen, heuer übrigens dreißig Jahre alt gewordenen
Bestseller an, der immer noch unter all jenen von Hand zu
Hand geht, die mit einer kleineren oder größeren Öffentlichkeit
zu tun haben, weil er nichts anderes, als praktische Ratschläge
liefert, wie es etwas leichter ist, mit der Wirklichkeit fertig
zu werden (Darell Huff: How to Lie with Statistics. London,
1954).
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